Antisemitischer Vorfall Vier Polizisten nach Kippa-Attacke in Bonn versetzt

Bonn · Nach dem Angriff auf einen israelischen Gastprofessor an der Hofgartenwiese in Bonn hat die Bonner Polizei vier Beamte versetzt. Ein Student meldet nun ebenfalls einen Vorfall, bei dem Polizisten eine Party brutal aufgelöst haben sollen.

Die Bonner Polizei hat mittlerweile alle vier Beamten behördenintern versetzt, die an dem Zugriff auf den israelischen Gastprofessor Yitzhak Melamed beteiligt waren. Am vergangenen Mittwochnachmittag waren die Polizisten zwischen 25 und 28 Jahren nach einem antisemitischen Angriff auf den Wissenschaftler zum Hofgarten gerufen worden und hatten offenbar Opfer und Täter verwechselt. Mindestens einer von ihnen stürzte sich im Sprung auf den Professor, der den 20-jährigen Tatverdächtigen verfolgte, streckte ihn nieder und schlug ihn ins Gesicht. Das räumte die Polizei selbst ein. Den genauen Tathergang ermittelt nun die Bonner Staatsanwaltschaft. Die Kölner Polizei ermittelt gegen die vier Beamten wegen Körperverletzung.

Melamed erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bonner Polizei und widerspricht ihrer Darstellung, er habe sich beim Übergriff auf ihn gewehrt. Er habe Dutzende Schläge abbekommen, schildert er. Bei einer anschließenden Anhörung hätten ihn Polizisten davon abbringen wollen, Beschwerde einzureichen. Deswegen laufen auch Untersuchungen wegen möglicher Strafvereitelung im Amt.

Beim GA hat sich am Dienstag ein Student gemeldet, der einen aus seiner Sicht „harten Einsatz“ der Polizei auf seiner Wohnungsparty beschreibt. Der Vorfall soll am 1. Dezember vergangenen Jahres stattgefunden haben und ist der Polizei nach Aussage des Behördensprechers Frank Piontek bekannt. Die Staatsanwaltschaft werde ermitteln. Yannik Börgener, 24 Jahre alter Gastgeber der Party in Tannenbusch, schildert, zwei Polizisten hätten die Party aufgelöst, nachdem ein Nachbar sich wegen der Lautstärke beschwert habe. Zuvor seien die Beamten gegen den Willen des Gastgebers in die Wohnung eingedrungen, weil Partygäste sich auf dem Balkon im Pfeifen übten. Gäste hätten die Beamten ohne Jacke bei winterlichen Temperaturen nach Hause geschickt.

Gegen ihn, Börgener, seien die Polizisten „äußerst brutal“ vorgegangen, hätten ihn ohne Vorwarnung auf ein Sofa geschubst, mehrfach gegen die Wand geschlagen und in Handschellen gelegt. Auf eine Strafanzeige gegen die Polizisten habe man verzichtet, nachdem bei einem Gespräch auf einer Wache eine interne Aufarbeitung zugesichert wurde. Der Fall Melamed habe die Beteiligten nun dazu bewogen, im Nachklang Strafanzeige zu erstatten. „Die Bonner Polizei hat kein Antisemitismusproblem, die Bonner Polizei hat aber sehr wohl ein Strukturproblem“, finden Börgener und 14 Partygäste, die einen offenen Brief an die Polizeipräsidentin geschrieben haben.

Aufgrund des antisemitischen Angriffs auf den Professor, den der Tatverdächtige beleidigt, geschubst und dem er die Kippa mehrmals vom Kopf geschlagen haben soll, laden Stadt und Jüdische Gemeinde für diesen Donnerstag um 15 Uhr auf den Marktplatz zum „Tag der Kippa“ ein, wie die Stadt am Dienstag mitteilte. Männer werden gebeten, mit Kippa zu kommen, der religiösen Kopfbedeckung der Juden. 250 Kappen stellt die Jüdische Gemeinde zur Verfügung.

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