Abgerissene Kirchen in Bonn Viele Bonner Gotteshäuser sind verschwunden

Bonn · Eine Führung des Katholischen Bildungswerks wandelt auf den Spuren abgerissener Kirchen. Nach 1800 mussten zuerst St. Gangolf und St. Remigius weichen.

 Von der ehemaligen St.-Martinskirche neben dem Bonner Münster sind nur noch die Umrisse zu erkennen. Über die rötlich eingefärbten Pflastersteine laufen täglich Tausende Passanten.

Von der ehemaligen St.-Martinskirche neben dem Bonner Münster sind nur noch die Umrisse zu erkennen. Über die rötlich eingefärbten Pflastersteine laufen täglich Tausende Passanten.

Foto: Horst Müller

Die Gruppe, die sich vor dem Ostchor des Münsters versammelt hatte, fällt im hektischen Betrieb der Innenstadt schon allein durch die Ruhe auf, die sie ausstrahlt: „Wieso gab es denn eigentlich so viele Kirchen hier“, will eine Teilnehmerin von Martin Vollberg wissen. „Das haben sich an der Wende zum 19. Jahrhundert viele gefragt, und sie haben daher einige einfach abgerissen“, antwortet der Kunsthistoriker und Architekt.

Vollberg führt als Mitglied des Katholischen Bildungswerks ein kleines Grüppchen Wissbegieriger durch die Bonner Innenstadt und macht sich mit ihnen gemeinsam auf einen Spaziergang zu Orten untergegangener Kirchen und deren Spuren auf. In Bonn gab es zwar eine ganze Reihe von Gotteshäusern, das ist aber nichts im Vergleich zu Köln: In der Domstadt habe es, wie die Legende sagt, so viele Kirchen und Kapellen wie Tage im Jahr gegeben.

„Nach 1800 gab es aus Bonn zahlreiche Anfragen zum Abbruch von Kirchen. Ein Plan legte fest, welche Kirchen abgerissen werden und welche erhalten bleiben sollten“, erläutert Vollberg kundig. Zuerst wurden St. Gangolf und St. Remigius abgebrochen, dann auch die Kirche St. Martin, die zunächst nicht zum Abbruch vorgesehen war. „Gegen deren Abbruch bezog der Präfekt Adrien de Lezay-Marnésia Position“, erfahren die Führungsteilnehmer aus dem Munde des Fachmanns.

Der Grund für den Abbruch der Kirche St. Peter und St. Johann Baptist sollte die Nutzung des Hofs als Versammlungsstätte von Dieben und als Ort der Unsitte sein. Dieses Kirchengebäude hatte aber zunächst einflussreiche Fürsprecher. Anders als die übrigen Kirchen, die im Rahmen der Führung im Mittelpunkt stehen, erhielt dieses Gebäude denn auch einen Neubau.

Vom Ostchor geht es dann ins Münster und weiter zum Alten Friedhof, wo Vollberg allerhand Wissenswertes zur heutigen Friedhofskapelle, der ehemaligen Kapelle Sankt Georg, zu sagen weiß. Weitere Stationen sind die Überreste von Sankt Martin gleich nebenan, Alt-Sankt Remigius mit der Tony Cragg-Skulptur und die zahlreichen ehemaligen Kapellen hinter der Schlossfassade.

Den Schlusspunkt bilden die ehemalige Dietkirche und die Stiftskirche: Hier weiß der Kunsthistoriker viele Details zu Taufbecken und der Thronenden Madonna aus dem 14. Jahrhundert zu berichten.

Oft ist die Fantasie der Zuhörer gefragt: An vielen Stellen sind allenfalls Spuren zu erahnen. In seiner Tasche trägt Vollberg zwar selbstgefertigte Abbildungen bei sich: „Die möchte ich jedoch, weil sie vielfach selbst Fantasieprodukte sind oder einen reduzierten Bauzustand zeigen, nur ungern zeigen“, erläutert er und bleibt darin auch durchaus konsequent.

„Zeigen möchte ich lediglich das, was man sieht“, und das spickt der Referent mit zahlreichen Hinweisen auf die örtlichen Situationen und Bezüge. Außerdem kommt immer wieder Anna Catharina Rederscheidt zu Wort, aus deren Tagebuch aus der Zeit nach 1800 Vollberg reichlich zitiert.

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