Prozessbeginn in Bonn Uni-Mitarbeiter sollen Aufträge an sich selbst vergeben haben

BONN · Der Vorwurf wiegt schwer: Seit Freitag müssen sich drei ehemalige Mitarbeiter der Bonner Universität vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts verantworten. Die Vorwürfe lauten Bestechlichkeit, Bestechung, Untreue und Betrug.

 Paragrafen-Symbole an Türgriffen am Eingang zum Bonner Landgericht. Dort sind drei junge Männer nach einer Entführung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Foto: Oliver Berg

Paragrafen-Symbole an Türgriffen am Eingang zum Bonner Landgericht. Dort sind drei junge Männer nach einer Entführung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Foto: Oliver Berg

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Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft dem ehemaligen Leiter der Abteilung Strahlenschutz (43), seinem Stellvertreter (48), einem Mitarbeiter (45) sowie einer mutmaßlichen Komplizin Bestechlichkeit, Bestechung, Untreue und Betrug - alles im besonders schweren Fall - in insgesamt fünf Fällen vor.

Verteidiger: "Unser Ziel ist ein Freispruch."

Zwar äußerten sich die Angeklagten am ersten Verhandlungstag noch nicht im Detail zu Vorwürfen. Stefan Hiebl, Verteidiger des Ex-Abteilungsleiters, stellte jedoch klar, dass die Marschrichtung der Verteidiger eindeutig ist: "Unser Ziel ist ein Freispruch."

Ein Indiz dafür, wie viel Staub der Fall vor allem hinter den Uni-Kulissen aufgewirbelt hat, dürfte die Anwesenheit einer ganzen Reihe von Uni-Mitarbeitern sein, die den Prozess persönlich beobachten wollten. Drei von ihnen, darunter der Justiziar, wurden jedoch vom Kammervorsitzenden Jens Rausch gebeten, den Verhandlungsaal zu verlassen. Sie sind zwar bislang noch nicht als Zeugen geladen, die Verteidiger gehen jedoch davon aus, dass dies durchaus in Betracht kommen könnte.

Aufgeklärt werden muss nun, ob die drei Strahlenschutzexperten zwischen 2011 und 2013 vier Aufträge ausgeführt haben, die sie laut Anklage gar nicht machen durften. Dabei ging es um so genannte "Freimessungen", bei denen die radioaktive Strahlung von Räumen gemessen wird, die anderweitig genutzt werden sollen.

Geld in die eigene Tasche gesteckt

Den Männern wird vorgeworfen, dass sie diese Messungen bei "Fremdinstituten" und Firmen während ihrer Arbeitszeit und mit den Gerätschaften der Uni durchgeführt haben - obwohl sie anscheinend nur uniintern arbeiten durften. Abgerechnet haben sollen sie über eine eigens gegründete Firma und eine Firma, in der die 44 Jahre alte mutmaßliche Komplizin arbeitete. Den Lohn - die Rede ist von bis zu 240 000 Euro - steckten sie laut Anklage in die eigene Tasche. Zudem soll auf Kosten der Uni ein Gammaspektrometer im Wert von 120 000 Euro bestellt worden sein.

Der Ex-Abteilungsleiter arbeitete seit 2000 bei der Universität. Nach seiner fristlosen Entlassung im November 2013 kam es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht. Der endete im Mai 2014 mit dem Abschluss eines Vergleichs. Laut eigenen Angaben hatten die Angeklagten nach ihrem Rauswurf zunächst überlegt, mit ihrer Firma im Bereich von "Freimessungen" weiterzumachen.

Sie entschieden sich laut dem 43-Jährigen jedoch dazu, die Firma abzuwickeln, da sie hier in der Region "verbrannt" gewesen seien. "Damit hätten wir nichts mehr machen können", so der ehemalige Abteilungsleiter. Er ist nach eigenen Angaben mittlerweile bei einer "großen Firma" im Bereich Arbeitsschutz untergekommen. Den Namen der Firma wollte er im Gerichtssaal nicht preisgeben. Der Prozess wird fortgesetzt. Bislang sind weitere neun Verhandlungstage vorgesehen.

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