Kommentar zum WCCB-Prozess Unbequeme Fragen

Meinung | Bonn · Die ehemalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann muss vor Gericht aussagen. Die Erwartungen der Öffentlichkeit sind hoch - zu hoch, meint GA-Redakteurin Rita Klein.

Im Theaterstück Bonnopoly, das zurzeit in den Kammerspielen den WCCB-Bauskandal aufs Korn nimmt, beteuert die Figur der früheren Bonner Oberbürgermeisterin ein ums andere Mal entweder ihre Unkenntnis oder verweist auf den Umstand, dass es von ihr nichts Schriftliches gibt. Nun muss sich demnächst die echte Ex-OB öffentlich dazu äußern, welche Kenntnisse sie damals hatte von Konzernhintergrund und Finanzstärke dieses südkoreanischen Investors, der als „Glücksfall für Bonn“ gehandelt wurde und nichts anderes war als ein Glücksritter.

Zum ersten Mal muss Bärbel Dieckmann sich nun also öffentlich unbequemen Fragen stellen – vor einem Gericht, das sie unter Strafandrohung zur wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichten wird. Als damalige Verwaltungschefin brachte sie das für Bonns Image so wichtige Projekt WCCB auf den Weg, beauftragte zwei ihrer städtischen Mitarbeiter mit der Betreuung – und wusch ihre Hände in Unschuld, als das Projekt zusammenbrach. Beweise für ihre Schuld, so befanden die Strafverfolger damals, hätten sich nicht finden lassen. Dieckmann musste sich nie gegenüber irgendjemandem verantworten. Und lehnte es auch ab, als Zeugin vor Gericht auszusagen, um sich bei wahrheitsgemäßer Aussage nicht doch noch der Gefahr von Strafverfolgung auszusetzen. Diese Gefahr ist gebannt, da mögliche Straftaten inzwischen verjährt sind.

Mit ihrer Weigerung, im Schadensersatzprozess „ihrer“ Stadt auszusagen, ist sie nun jedoch gescheitert. Erstmals muss sie sich öffentlich stellen, und die Erwartungen der Öffentlichkeit an ihren Zeugenauftritt dürften hoch sein. Mit Sicherheit zu hoch. Denn es ist kaum anzunehmen, dass Dieckmanns Aussage mehr enthüllen wird, als bisher bekannt war. Und welches Gericht könnte ihr schon böse Absicht unterstellen, falls sie sich auf Erinnerungsmängel berufen sollte – mehr als ein Jahrzehnt nach den fraglichen Vorfällen.

Aufklärung jedenfalls sollte man sich von Bonns damaligem Stadtoberhaupt nicht erhoffen.

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