Wetterextreme verändern Gärten Trockenheit ist ein Problem für viele Pflanzen

Bonn · Der Jahrhundertsommer 2018 sorgte bei der extremen Trockenheit dafür, dass selbst Sträucher eingingen, die seit Jahrzehnten zuverlässig geblüht hatten. Zu was raten Gartenexperten?

Was für eine Pracht: Der Zitronenbaum hängt voller dicker Früchte, gleich daneben sind Hunderte Kumquats herangereift. „So üppig haben unsere Exoten noch nie getragen“, freute sich Lothar Schröder, der mit Frau Ilse ein Stück Mittelmeer in den gemeinsamen Garten nach Beuel geholt hat. „Das sind mehr Zitronen als wir jemals essen können.“ Oliven, Oleander, Kamelien, Mandarinen sowie exotische Peperoni in Kübeln und Töpfen verwandelten ihr Grundstück im vergangenen Jahr in ein kleines südländisches Paradies.

Der Jahrhundertsommer 2018 hatte jedoch längst nicht nur Gewinner. Durch anhaltende Hitze sowie extreme Trockenheit gingen selbst Sträucher ein, die seit Jahrzehnten zuverlässig geblüht hatten. „Grün braucht nun einmal Wasser“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. „Und davon gab es im vergangenen Jahr viel zu wenig.“

Wer zwischen Mai und Oktober nicht regelmäßig mit Gießkanne, Schlauch oder ausgetüftelter Bewässerungstechnik nachgeholfen hat, der muss spätestens in diesen Tagen vertrocknete und abgestorbene Ziersträucher ersetzen. Auch jetzt hinkt die Niederschlagsmenge bereits wieder hinterher. „Das Weihnachtshochwasser fiel beispielsweise komplett aus, und insgesamt war der Winter zu regenarm“, ergänzt Rüb.

Mehr mediterrane Obstsorten

„Unsere Gärten werden sich in den kommenden Jahren verändern“, prophezeit Maximilian Weigend, Direktor des Botanischen Gartens in Bonn. Pflanzen, die mit wenig Wasser auskommen, würden sich zunehmend durchsetzen und empfindliche Gewächse verdrängen.

„In Zukunft werden mehr mediterrane Obstarten bei uns gedeihen“, ist sich Katharina Ley vom Sängerhof in Meckenheim sicher. Mussten die Exoten bisher spätestens in der Adventszeit in ein frostsicheres Winterquartier umziehen, so überstehen einige die kalte Jahreszeit heute an geschützten Stellen im Garten, auf dem Balkon oder der Terrasse. Die Baumschule Ley hat bereits auf das veränderte Klima reagiert: Mit „Malus Royal Raindrops“ bietet sie einen robusten und trockenheitsresistenten Zierapfelbaum für den privaten Garten an.

Der vergangene Sommer verlangte aber nicht nur von Hobbygärtnern Vorausschau und Fingerspitzengefühl, sondern auch von den Experten. „Im Botanischen Garten mussten wir Bäume fällen und abgestorbene Hecken ausgraben“, gibt Weigend zu. „Hitze und Trockenheit machen uns zunehmend zu schaffen. Die Unvorhersehbarkeit des Wetters ist ein Pro᠆blem“, erklärt er.

Hortensien und Rhododendren haben's schwer

Kurzum: Das Wetter ist extremer geworden. Auf lange Trockenperioden folgen häufig heftige Unwetter mit Starkregen oder Hagel, und die Winter sind milder. Hortensien und Rhododendren werden es in Zukunft schwer haben, sich gegen langanhaltende Dürre zur Wehr zu setzen. Sie lieben ein schattiges Plätzchen und sind zudem ausgesprochen durstig. „Sträucher mit hohem Wasserbedarf gehören eindeutig zu den Verlierern. Aber es gibt auch Gewinner“, beruhigt Weigend. Tomaten beispielsweise. „So viele wie im vergangenen Jahr sind in unseren Breiten wohl selten gereift“, beobachtete der Direktor des Botanischen Gartens. „Feigen kommen mit den Bedingungen ebenso sehr gut zurecht. Selbst Kakis und Pistazien werden in Zukunft wahrscheinlich in unseren Breiten geerntet werden können“, ist er sich sicher. Nicht zu vergessen die Melonen, die im Sommer am Rheinufer reiften.

„Die letzte Saison war für uns außergewöhnlich“, sagt Natalie Kirchbaumer von Meine Ernte, einem Projekt aus Bonn, bei dem Privatleute Gemüsegärten auf Zeit pachten können. Zwar hätten Kulturen mit langer Keimdauer wie Möhren oder Pastinaken unter der Trockenheit gelitten. „Für andere wärmeliebende Arten war es jedoch ein guter Sommer“, erklärt Kirchbaumer. „Die Paprikaernte war hervorragend. Die Kartoffeln sind durch fehlende Niederschläge zwar klein geblieben, haben dafür aber intensiver geschmeckt“, resümiert sie.

Ein weiteres großes Thema ist Hagel. Früher eher ein seltenes Phänomen, kommt die Landwirtschaft mittlerweile nicht mehr ohne einen effektiven Schutz aus. „Der Klimawandel ist bei uns längst angekommen“, sagt Roland Schmitz-Hübsch vom gleichnamigen Obstbaubetrieb. Das Kernobst würde mittlerweile durchschnittlich zehn Tage früher blühen. Daher seien Nacht- sowie Blütenfrost eine große Gefahr. „Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren die Ernte zudem durch Hagel zerstört. Daher sind Hagelnetze unverzichtbar.“ Verlierer und Gewinner gibt es gleichwohl beim Kernobst: Cox Orange und Elstar werden wohl zunehmend durch die Sorte „Wellant“ auf den Plantagen rund um Bonn verdrängt.

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