Bonner Ärztin hilft in Ecuador Tote, Verletzte und verlassene Städte

Bonn · Eingestürzte Häuser, kein Wasser, kein Strom, Tote und Verletzte: Nach dem Erdbeben in Ecuador geht in dem Land nichts mehr seinen normalen Gang. Die Bonner Ärztin Liesel Ruff hilft in einem deutschen Team.

 Nach dem Erdbeben sind viele Häuser in den Städten und Dörfern Ecuadors zerstört.

Nach dem Erdbeben sind viele Häuser in den Städten und Dörfern Ecuadors zerstört.

Foto: humedica

Ein ehrenamtliches Team der medizinischen Hilfsorganisation „humedica“ aus Kaufbeuren ist seit Anfang der Woche in Südamerika, um zu helfen. Mit dabei ist, wie berichtet, die Bonner Ärztin Liesel Ruff.

Nicht überall funktioniert das Telefonnetz, doch kurz vor der Abreise in den nächsten Ort Jama nahe Pedernales ist die Leitung frei, und die 54-jährige Bonnerin kann von ihrem Einsatz berichten.

„Als wir im Land ankamen, wurden wir herzlich am Flughafen in Guayaquil begrüßt und in den Arm genommen.“ Das Hilfsteam habe einen Sack mit Thunfischdosen und Salzcrackern bekommen. „Das ist ein hohes Gut, denn Lebensmittel sind knapp“, sagt Liesel Ruff.

Zuerst geht es in das zu 30 Prozent zerstörte Portoviejo, wo die medizinische Versorgung noch ausreichend ist. Es gibt fließendes Wasser, aber kein Trinkwasser und keine Lebensmittel. „Wir sind am Mittwoch in Bahia gewesen, einem Urlaubsort.

Der ist zu 80 Prozent zerstört. Die Stadt ist ausgestorben. Man sieht Lagerfeuer, die Leute schlafen draußen“, sagte Ruff. Nach Angaben von Koordinatorin Martina Zelt haben viele Durchfall und Fieber. Die sanitären Anlagen funktionieren nicht. Die Ärzte dort seien nach dem Beben noch nicht koordiniert.

Nachts habe es noch einmal ein Nachbeben mit der Stärke 6,1 gegeben, so Ruff. „Was es angerichtet hat, kann man nicht sagen. Es sind sicher aber wieder Häuser zerstört worden.“

In Canoa stehe fast gar nichts mehr, stellte das „humedica“-Team fest. Alles zerstört, die Leute haben den Ort verlassen. „Dort liegen noch viele Menschen unter den Trümmern, es ist Verwesungsgeruch wahrnehmbar“, sagt Ruff. Überhaupt lägen noch viele Tote in den Städten.

Am Mittwoch hatte das Team noch erlebt, wie ein Lebender geborgen werden konnte. Allerdings sinken die Chancen auf solche Erfolgserlebnisse. Denn das Klima ist tropisch und damit feucht. Abends zeigt das Thermometer 27 Grad, tagsüber mehr. „Da breiten sich Erkrankungen schnell aus“, sagt Liesel Ruff. Viele Menschen, die sie bislang behandelt hat – ihre genaue Zahl weiß sie schon gar nicht mehr –, waren verwundet.

Am Donnerstag habe sie einem Kind mit einem stark vereiterten Auge geholfen. In Canao fuhren zwei Autos mit Kindern vor, die Fieber und Erbrechen hatten und ausgetrocknet waren. „Jetzt kommt die Infektionszeit“, sagt die Ärztin.

Nun geht es darum, die Infrastruktur zu verbessern, damit wieder Wasser fließt, es Strom gibt und Telefone funktionieren.

In dieser Situation gehen die für Notfälle gut ausgebildeten und vorbereiteten Deutschen professionell vor. „Wir reden untereinander und reflektieren auch im alltäglichen Austausch“, sagt Liesel Ruff. Sie will anderen helfen, weil sie auch die Ausbildung für solche Katastropheneinsätze absolviert und sich noch weitergebildet hat.

Viel Zeit hat die Allgemeinmedizinerin nicht mehr, denn gleich kommt der Militärhubschrauber, der das Team nach Jama bringt. Es wurde von dort angefordert. Die Helfer wissen nur, dass der Ort unter- oder gar nicht versorgt ist.

„Wir haben keine Ahnung, was da los ist“, sagt die Ärztin. Die einzige Straße dorthin ist verschüttet. Es heißt, es gibt eine Umgehung für Geländewagen. Doch die Fahrt würde um Stunden länger dauern. Die Deutschen haben Medikamente und Verbandszeug mit und können so in Jama eine Krankenstation betreiben. Lebensmittel, aber wenig, haben sie auch im Gepäck: Tüten mit Reis, Cracker und Reste vom Thunfisch.

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