Notizen aus Bonn Tarifzone FrostigMinusDrei

Meinung | Bonn · Kaum haben wir das neue Jahr arglos als treuen Begleiter in unser Leben aufgenommen, da schlägt es uns die gruseligsten Schlagworte um die Ohren. Ernährungsreport. Terrorabwehrzentrum. Räderklau. Dschungelcamp. Strafsteuer auf Fleisch. Wo wir doch gerade erst dabei waren, uns mit der überfälligen Obergrenze für Abkürzungen herumzuärgern.

Das hatte ursprünglich viel weniger mit Fundis, Nafris und Realos zu tun als mit dem neuen Tarifsystem des VRS für den ÖPNV von SWB und KVB, das uns seit dem Neujahrstag mit tiefster Kontemplation belegt. Ganz kurz zum Verständnis: Für Erwachsene gibt es das Wochenticket, das Monatsticket, das Monatsticket im Abo, das Monatsticket MobilPass, das Formel9Ticket, das Formel9Ticket im Abo und – klar – das Aktiv60Ticket; Schüler und Azubis können wählen zwischen dem Monatsticket, dem Primaticket und dem Starterticket, je nachdem, welchen Namen sie hipper finden.

Eigentlich ganz übersichtlich also, dazu lässt sich jedes Exemplar um Zuschläge für Erste Klasse, Schnellbus und Fahrradmitnahme ergänzen. Ach so, natürlich: Je weiter man fährt, desto teurer wird’s. Ja, und dann gibt es noch das KurzstreckenTicket für vier Stationen, mit dem man aber nicht mehr umsteigen darf. Was da auf uns zukommt, lässt sich nur ahnen: Menschen, die nach Beuel wollten, stranden in Tannenbusch; Godesberger verschlägt es beim Heimweg ins Labyrinth der Oberkasseler Gassen. Bonner irren über die Brachen vor Vilich-Müldorf und erinnern sich, wie die Amis dort '69 die Mondlandung gedreht haben. Und für viele wird der Bahnhof zum Halt- und Ruhepunkt.

Zugegeben, das war etwas übertrieben. Vielleicht hat der VRS bei der Verengung seines Angebots ja auch nur daran gedacht, dass Bonn eben schon immer eine Durchreise wert war. Immerhin ist die Stadt seit einer Woche reicher: und zwar um jede Menge Leute, die sich über die Bahnbetriebe genauso schwarz- ärgern wie über, sagen wir mal: die Grünen. Was wiederum total unfair ist, weil die nämlich beileibe nicht nur profunde Kenntnis in der Behinderung von Polizeiarbeit haben, sondern auch strenge Strafen für Schwarzfahrer abschaffen wollen.

Die Erste Klasse in Nahverkehrszügen sowieso. Aus Gerechtigkeitsgründen. Gewiss, der Markt für die absurdesten Politikereinlassungen ist nun mal hart umkämpft. Das ist auch gut so, denn die Wähler brauchen schließlich Anregungen, damit sich Synapsen und komplexe Strukturen bilden können. Zum Abschluss noch ein Tipp für alle, die gerne Sport machen, deren Körper sich aber hartnäckig dagegen sträubt: Draußen soll es heute jede Menge frische Luft geben. Tarifzone FrostigMinusDrei. Kurzstrecke kostenlos, Umsteigen erlaubt.

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