Kommentar zur Todesanzeige nach Selbstmord Suizid – ein Tabuthema

Meinung | Bonn · Über einen Suizid zu berichten, ist für Journalisten heikel. In diesem Ausnahmefall macht es dennoch Sinn, erklärt GA-Redakteurin Sabrina Bauer.

Die Berichterstattung über das Thema Suizid bewegt sich auf einem schmalen Grat. Oftmals wird das Thema in den Medien ausgeklammert, auch aus Angst, weitere Menschen durch die Aufmerksamkeit zum Suizid zu motivieren. Experten bezeichnen das als Werther-Effekt – nach Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“, der im 18. Jahrhundert eine Welle von Selbsttötungen nach sich gezogen hat.

Auch der Deutsche Presserat hat in seinem Kodex eine Richtlinie für Journalisten erstellt: „Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen, die Veröffentlichung von Fotos und die Schilderung näherer Begleitumstände“, heißt es unter Ziffer 8.7. Auch die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat für Journalisten einen Leitfaden herausgegeben. Die Gefahr liegt laut der Stiftung vor allem in der Glorifizierung und Identifikation mit dem Suizidenten. Die genaue Beschreibung des Ablaufs könne anderen Menschen mit einer Depression und suizidalen Gedanken sogar als Handlungsanleitung dienen. Bei bekannten Suizidfällen halten wir uns daher als Zeitung mit der Berichterstattung zurück. Warum berichten wir in diesem Fall trotzdem über das Thema?

Weil es aufmerksam machen soll auf die Hintergründe, die Menschen zu einem solchen Schritt führen. In der Mehrheit der Fälle waren die Betroffenen an Depressionen erkrankt. Schaut man sich die Zahl der Erkrankten an, handelt es sich bei Depressionen um eine Volkskrankheit. Nach Expertenschätzungen erkranken jede vierte Frau und jeder achte Mann im Laufe ihres Lebens an Depressionen. Dennoch ist in der Gesellschaft nur wenig über die Krankheit bekannt, es dominieren falsche Vorstellungen und Unsicherheit im richtigen Umgang mit Betroffenen. Aufklärung und Sensibilisierung für die Krankheit wären ein Schritt zur Prävention.

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