Life+ Projekt "Villewälder" Sturm fördert die Biodiversität im Kottenforst

Bonn · Klaus Striepen und Karina Jungmann führten bei einer Exkursion des Life+ Projekts durch den Wald. Dabei offenbarten die Biologen, das eine vermeintliche Katastrophe auch ihre guten Seiten hat.

 Biologe Klaus Striepen, Leiter des Life+ Projekts "Villewälder", empfängt die Exkurionsgruppe vor der Naturwaldzone.

Biologe Klaus Striepen, Leiter des Life+ Projekts "Villewälder", empfängt die Exkurionsgruppe vor der Naturwaldzone.

Foto: Stefan Hermes

Was macht die Natur, wenn der Förster nicht mehr eingreift? Wie profitieren Tiere und Pflanzen, wenn der Wald sich selbst überlassen bleibt? Fragen, die dem Biologen Klaus Striepen, dem Projektleiter des Life+ Projekts „Villewälder“ vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW von Teilnehmern eines Ausflugs in den Kottenforst gestellt wurden. Zusammen mit der Biogeografin Karina Jungmann führte Striepen die Gruppe vom am Ortsrand von Röttgen gelegenen Wanderparkplatz Rulandsweg zum Oberen Jägerkreuz, wo eine von zwei Naturwaldzellen des Kottenforsts zu sehen ist.

Unter dem vielversprechenden Titel „Wenn der Wald zur Wildnis wird“ war die Veranstaltung angekündigt, für die sich am „Internationalen Tag des Waldes“ 25 Naturfreunde interessierten. „Eigentlich habe ich noch nie bewusst einen ‚wilden Wald‘ gesehen“, sagte Gabriele Diener aus Bornheim. Und Teilnehmer Winfried Kreuzwald aus Ippendorf war mit Klemmbrett ausgestattet, um sich wesentliche Punkte der Vorträge notieren zu können, die er zuhause noch einmal vertiefen wollte.

Erforscht werden die Naturwaldzellen in Nordrhein-Westfalen seit 34 Jahren. Die Untersuchungen erstrecken sich dabei von waldkundlichen Inventuren über Erhebungen zur Boden– und Vegetationskunde, Moos-, Pilz- und Flechtenvegetation bis zur Erfassung der Käferfauna. „Schon jetzt lässt sich in den Naturwaldzonen beobachten“, so Striepen, „dass die Dominanz der Rotbuche in unseren Wäldern eine Baumvielfalt unterbindet.“ Daraus lässt sich folgern, dass sich nur in Waldgesellschaften, denen die Buche nicht angehört, ein artenreiches Baumartenspektrum entwickeln kann.

Sturm Frederike zerstörte Wald in NRW

Der Besucher erlebt den „wilden Wald“ zunächst als ein Stück unkultivierter Natur. Hier bleiben abgebrochene oder umgefallenen Bäume liegen und bieten der Artenvielfalt Raum, sich auszubreiten. „Doch was wirklich dabei passiert“, so Striepen, „lässt sich erst in einigen hundert Jahren erkennen.“ Der Wald wächst langsam. Ein Thema für Generationen. Der Januar-Sturm Frederike zerstörte 1,9 Millionen Festmeter Wald in NRW, was in etwa der Jahresernte an Holz entspricht und somit den Waldbesitzern einen enormen Schaden zufügte. Der Biologe hingegen kann sich gelassen die Schäden ansehen, die letztlich eine Zunahme der Biodiversität bedeuten.

Jede Beschädigung, jeder abgeknickte Ast oder jeder entwurzelte Baum bietet Vögeln, Insekten und Säugetieren, die insbesondere auf Altholzstrukturen angewiesen sind, den Ort für die Nahrungssuche oder auch einen neuen Lebensraum. „Die Gruppe der Spechte gilt dabei als ein wichtiges Initial für die Artenvielfalt“, erklärt Karina Jungmann mit einigen Schautafeln in der Hand. Sie steht vor einer Eiche in der Naturschutzzelle, bei der in etwa vier Metern Höhe eine kleine Spechthöhle zu erkennen ist.

Elf verschiedene Fledermausarten

Sie berichtet, dass der Kottenforst fünf Spechtarten beheimatet: Den Bunt-, Grün-, Schwarz-, Klein- und den eher seltenen Mittelspecht. Etwa ein Drittel der den Wald bewohnenden Vögel sind auf Höhlen in den Bäumen angewiesen. Auch Siebenschläfer, Steinmarder oder andere Nagetiere leben in Baumbehausungen, die sie vornehmlich in dem Altholz eines unberührten Waldes finden.

Jungmann freut sich darüber, dass man inzwischen wieder elf verschiedene Fledermausarten im Kottenforst zählen konnte, zu denen auch die Bechstein-Fledermaus gehört, die über Generationen in ihre angestammten Lebensräume zurückkehrt. In den Naturwaldzonen des Kottenforstes dürfte sie auch in Zukunft ihre angestammten Plätze wiederfinden.

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