Gutachten zur Verkehrsdiskussion Seilbahn entlastet Venusberg-Verkehr in Bonn

BONN · Gutachter Thomas Baum stellt am Dienstagabend die Machbarkeitsstudie zur Seilbahn in Bonn vor: Danach würden rund 7000 Fahrgäste die Nordtrasse über den Hindenburgplatz nutzen.

Nach einem Dreivierteljahr liegt nun die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Seilbahn hoch auf den Venusberg vor. Der Gutachter Thomas Baum von der VSU – Beratende Ingenieure für Verkehr, Städtebau und Umweltschutz GmbH kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Verbindung den Auto- und Busverkehr auf der zu den Universitätskliniken führenden Robert-Koch-Straße deutlich entlasten kann. Im Herbst hatte er neun Trassenvarianten vorgestellt. Nun hält er zwei für besonders aussichtsreich.

Am Dienstagabend hat er das Gutachten im Rahmen einer Bürgerversammlung in der Gesamtschule Bonns Fünfte vorgestellt. Sie war mit mehr als 200 Bürgern gut besucht. Deren Fragen bezogen sich auf Auslastung, das Überfahren von Grundstücken, Wartezeiten für Fahrgäste und Parkplätze.

Die Trasse

Der Gutachter spricht sich für eine Nordtrasse aus, die vom UN-Campus über den Hindenburgplatz hoch aufs Uniklinik-Gelände führt. Sie verspreche die größten Wirkungen. Nach „zurückhaltenden Prognosen“, so Baum, könne man von 7000 Fahrgästen pro Tag ausgehen. Das käme einer Entlastung auf der Robert-Koch-Straße um 1710 Fahrzeuge gleich. Es könnten bei weiterer Überarbeitung des Mobilitätsmanagements durch das Uniklinikum beispielsweise durch höhere Parkgebühren oder Anreize durch E-Bikes 2000 Fahrgäste mehr werden. Die Südtrasse führt über Olof-Palme-Straße (Telekom) und die Rheinaue nahe der Südbrücke ebenfalls nach Ramersdorf. Mit 5500 Fahrgästen wäre bei dieser Lösung zu rechnen und mit einer Entlastung von 1150 Fahrzeugen zum Venusberg.

Die Machbarkeitsstudie fußt auf Verkehrsprognosen für das Jahr 2030, die von einem deutlichen Anstieg des Verkehrs auf dann 20 500 Fahrzeuge auf der Robert-Koch-Straße zwischen Im Wingert und Haager Weg ausgeht. Im Jahr 2013 verkehrten dort laut Planungsamt rund 12.500 Autos und Lkw. Wie Baum am Abend erläuterte, sei kein zusätzlicher Parkplatz am UN-Campus notwendig. Die 110 benötigten Stellplätze stünden in vorhandenen Parkhäusern zur Verfügung.

Die Kosten

Nur für die Nordtrasse hat Baum die Baukosten kalkuliert: Etwa 20 Millionen Euro wären das für den Abschnitt zwischen Venusberg und UN-Campus. Für den Fall, dass eine Anbindung über den Rhein nach Ramersdorf nahe der Telekom hinzukäme, kostet eine solche Verlängerung zusätzlich 22 Millionen Euro. Im Betrieb fallen bei dieser langen Variante nach Gegenrechnung von Ausgaben und Einnahmen unterm Strich 790.000 Euro Verlust pro Jahr an. Dass sie ein Minus produzieren würde, ist nicht überraschend. Sie soll in den öffentlichen Nahverkehr eingebunden werden, der fast immer zuschussbedürftig ist. Wenn das Land den volkswirtschaftlichen Nutzen bestätigt, könnte NRW den Bau mit bis zu 90 Prozent fördern, hieß es. Die übrigen zehn Prozent müsste die Stadt selbst zahlen. Der Betrieb könnte über die Stadtwerke erfolgen.

Die Technik

Bei der Auslastung reicht eine „1-S-Bahn“ für die Beförderung aus, die bis zu 12.000 Fahrgäste befördern könnte. „Eine kleine Lösung“, so Baum. Die Kabinen könnten zehn Fahrgäste befördern. Bei der Mitnahme von Rädern oder Mitfahrten von Rollstühlen fielen Plätze weg. Die Gondeln können im 30-Sekunden-Takt schweben und jeweils zehn Personen befördern. Je nach Stunde und Andrang können sie ausgehängt werden. Für die lange Strecke bräuchte man zwölf bis 15 Minuten. An den Haltepunkten seien nicht zwingend hohe Einstiegstürme erforderlich, erklärte der Gutachter. Am Hindenburgplatz soll er am Hang einen Meter über dem Boden erfolgen, so Baum. Am UN-Campus wäre der Einstieg über eine Brücke vom Bahnsteig direkt erreichbar.

Aus umwelttechnischer Sicht hält Baum die Seilbahn für ein sinnvolles Verkehrsmittel, zumal Busse und Autos bei Auffahrten mehr Sprit verbrauchen als auf normaler Strecke. Lärm entstünde vor allem durch den Motor, der am besten am UN-Campus untergebracht wäre. „Aber man wird teilweise in Landschaftsschutzgebiet eingreifen müssen.“ Die Frage nach der Alternative stellte er ebenfalls. Durch den prognostizierten Verkehrsanstieg müsste ansonsten eine teure neue Straße her oder der Ausbau der Robert-Koch-Straße erfolgen.

Die Betroffenen

Bei der Nordtrasse würde die Seilbahn private Häuser von etwa zehn Eigentümern überfliegen (bei der Südtrasse etwa 20). „Diese Eigentümer haben Überschwebungsrechte und müssten dem Projekt zustimmen“, sagte Stadtbaurat Helmut Wiesner. Wie Planer Baum sagte, „wird bei keiner Variante ein Garten überflogen“. Die Trasse verläuft größtenteils durch Straßenschluchten und muss in der Höhe den notwendigen Abstand von 2,5 Meter zu Häusern halten.

Meinungen zum Projekt

Die Bürgerinitiative „Bonn bleibt seilbahnfrei“ hat eigene Berechnungen angestellt. Sie hält den Bau für unwirtschaftlich und bezeichnet die Bahn als „CO2-Schleuder“. Sie zweifelt nach einer eigenen Verkehrszählung an einem Verkehrsproblem auf dem Venusberg. Die Bürgerinitiative Venusberg begrüßt das Projekt, sofern der Haltepunkt Venusberg auf dem Gelände der Uniklinik entsteht. Auch Uniklinik-Direktor Wolfgang Holzgreve ist ein Befürworter.

Das Verfahren

Auf der Internetseite www.bonn-macht-mit.de ist das Ergebnis der Studie einsehbar. Die Diskussion darüber ist für Donnerstag, 22. Juni, vorgesehen. Ort und Zeit will die Stadt Bonn bald bekanntgeben.

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