Bonn vor 50 Jahren Studentenausschuss trat aus Protest zurück

Bonn · Große Aufregung an der Universität Bonn im Mai 1967: Der Allgemeine Studentenausschuss (Asta) tritt aus Protest gegen eine Entscheidung des Uni-Senats zurück.

 Umstritten: Claire-Maria Faßbinder.

Umstritten: Claire-Maria Faßbinder.

Foto: Archiv/Heinz Engels

Der Streit dreht sich um die politischen Aktivitäten der Studentenschaft. Während die Studenten ein politisches Mandat als unverzichtbar ansehen, kritisiert der Senat überzogenes Engagement und „demagogische Angriffe“ auf das Rektorat.

Zankapfel in dem Uni-Streit ist Professorin Claire-Maria Faßbinder. Sie soll in einer Veranstaltungsreihe des Asta mit dem Titel „Aus Sicht der DDR“ den Einführungsvortrag halten. In der Reihe möchte der Asta von der FDJ ausgewählte Referenten aus der Zone sprechen lassen. Faßbinder obliegt die Einführung zum Thema „Schluss mit Deutschland“.

Das ist zu viel für Rektor Edmund Gassner, der diese Veranstaltung des Referates für politische Bildung an der Uni nicht unterstützen will. Auch für eine Kundgebung des Asta gegen das Militärregime in Griechenland stellt der Rektor keinen Hörsaal zur Verfügung.

So kommt es in einer Sondersitzung des Senats zur Grundsatzdebatte über das politische Mandat der Studenten. Der Senat spricht dem Studentenparlament und dem Asta das Recht ab, „Akte der Willensbildung in politischen Fragen“ zu vollziehen. Er dürfe nicht einseitig die Ziele bestimmter politischer Gruppen verfolgen oder Aktionen gegen oder für Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unternehmen.

Der Asta dagegen beruft sich in seiner Rücktrittserklärung auf die Beschlüsse des Verbandes Deutscher Studentenschaften (VDS), nach denen die Diskussion um die deutsche Universität, um Fragen der Wissenschaft und ihrer Organisation nicht von deren politischen Bedingungen isoliert werden kann. „Im Rahmen seiner Verantwortung zur politischen Meinungsbildung der Studenten beizutragen, ist der Asta in der Wahl der Themen und Art ihrer Darstellung frei.“

Der Senatsbeschluss kritisiert den Asta für die Planung einer Solidaritätsveranstaltung gegen das Militärregime in Griechenland und Angriffe auf den Rektor. Versöhnlich heißt es am Ende: „Rektor und Senat begrüßen das rege politische Interesse der studentischen Vereinigungen und werden derartige Bestrebungen auch künftig weiter zu fördern suchen.“

Der zurückgetretene Asta bereitet derweil eine Grundsatzdiskussion im Studentenparlament vor. Der umstrittene Einführungsvortrag von Professorin Faßbinder findet wenige Tage später in der Mensa statt. Die Studenten empfangen die Rednerin mit minutenlangem Beifall. Die Veranstaltung verläuft ohne Zwischenfälle. 500 Studenten feiern Professorin Faßbinder, als sie die Anerkennung der Ost-Zone als Staat fordert.

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