Lehrer klagen vor Arbeitsgericht Streit um Entlassung an der König-Fahad-Akademie

Bad Godesberg · Lehrer der geschlossenen König-Fahad-Akademie klagten vor dem Arbeitsgericht mit Erfolg gegen ihre Kündigung.

Die Lehrer stehen vor ihrer ehemaligen Arbeitsstätte, der König-Fahad-Akademie, und sind sauer. „Wir protestieren dagegen, ohne Abfindung von der Akademie entlassen worden zu sein“, sagt eine Lehrerin auch im Namen von 83 Kollegen der Bonner und der Berliner Dependance der Ergänzungsschule, die der saudi-arabische Staat finanziert hat. Bei der König-Fahad-Akademie gGmbH, die immer noch in dem orientalisch anmutenden Komplex mit dem gold bedachten Minarett sitzt, war auf Anfrage keine Stellungnahme zu bekommen.

Wie berichtet, war die Akademie Ende Juni, als die letzten 50 Schüler sie verließen, geschlossen worden. Als offizielle Begründung ließen die Saudis verlauten, dass im deutschen Bildungssystem eigene Schulen nicht mehr notwendig seien. Die Akademie war 2003 wegen diverser Vorwürfe, dass es islamistische Umtriebe in der angeschlossenen Moschee gegeben habe, bundesweit in die Schlagzeilen geraten. „Darüber waren wir Lehrer selbst am meisten empört. Wir hatten nichts damit zu tun“, versichert die Pädagogin für die Gruppe.

Eine ganze Reihe Lehrer hat Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht Bonn erhoben. Und zwar die ersten, soweit ersichtlich, durchweg mit Erfolg, erklärt dessen Pressedezernent Sebastian Neumann. Die Akademie sei in 14 Fällen in Berufung vor das Landesarbeitsgericht in Köln gegangen. „Ob der Rechtsstreit in diesen Verfahren noch in die dritte In᠆stanz zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt geht, hängt davon ab, ob das Landesarbeitsgericht die Revision zulässt oder nicht.“

Die Akademie müsse als gGmbH nach deutschem Recht handeln, erläutert Neumann. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft unterstütze die Forderungen der Pädagogen, weil auch bei Betriebsschließung nach rechtsstaatlichen Prinzipien gehandelt werden müsse, erklärt Geschäftsführer Horst Lüdtke. Die bisherigen Entscheidungen des Arbeitsgerichts gäben ihm „eine gewisse Zuversicht“, dass die Pädagogen schließlich angemessen behandelt würden. „Deutschland ist ein Rechtsstaat, und ein Arbeitgeber muss hier an seine Arbeitnehmer auch eine Abfindung zahlen, bevor er sein Geschäft schließt“, erklären die Lehrer unisono. Sie seien deutsche Staatsbürger, zahlten also seit Jahrzehnten Steuern und erwarteten in dieser Situation Hilfe auch von Angela Merkel. Die Kanzlerin habe sich die Schließungen im Wahlkampf schließlich als Erfolg angerechnet.

Offener Brief an Merkel wird nicht beantwortet

Wie berichtet, hatte Merkel beim Fernsehduell mit SPD-Herausforderer Martin Schulz zur Schließung der König-Fahad-Akademie in Bad Godesberg geäußert. „Wir haben zum Beispiel mit Saudi Arabien ganz hart darüber gesprochen, dass bestimmte Akademien in Bonn geschlossen wurden. Das ist auch passiert.“

„Haben Sie, liebe Frau Merkel, dabei auch an die 84 Familien und an deren Rechte gedacht?“, fragen die Lehrer in einem offenen Schreiben, auf das sie aus Berlin bislang keine Antwort bekommen haben. „Offene Briefe beantworten wir grundsätzlich nicht“, erklärt dazu eine Regierungssprecherin auf Anfrage des General-Anzeigers.

Die Sorgen der Lehrer sind jedenfalls riesengroß. Über Jahrzehnte hätten sie Schüler so gut ausgebildet, dass diese jetzt als Ärzte, Anwälte oder auch Piloten erfolgreich seien. „Und jetzt sind wir arbeitslos, über 50 Jahre alt und schon deshalb schwer an deutsche Schulen zu vermitteln“, sagt ein Pädadgoge, der dort 22 Jahre beschäftig war. Derzeit bekämen sie Arbeitslosengeld. „Aber wir werden auch nach Jahrzehnten hoch qualifizierter Arbeit bald in Hartz IV landen. Wie bezahlen wir dann die Ausbildung unserer Kinder?“, klagen mehrere ältere Lehrer. Welcher Arbeitgeber wolle selbst die jüngeren Pädagogen einer Akademie mit diesem Namen einstellen, wird zudem gefragt. Dabei würden doch gerade aktuell für Flüchtlinge Lehrkräfte mit Arabischkenntnissen gesucht, gibt Helgard Rehders zu bedenken. Die Presbyterin der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde hat sich als zufriedene Sprachschülerin an der Akademie spontan mit den Forderungen der Lehrer solidarisch erklärt.

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