200-jähriges Bestehen der Universität Steinmeier beim Festakt zum Jubiläum der Uni Bonn

Bonn · Um Freiheit der Wissenschaft, Demokratie, Toleranz, Verantwortung und Herausforderungen der Zukunft ging es in dem Festakt zum 200-jährigen Bestehen der Uni Bonn. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahm daran teil.

Ein bisschen Pathos darf schon sein nach 200 Jahren Universität. Der Festakt im Plenarsaal des ehemaligen Bundestages bot den richtigen Moment: Es ging um Freiheit der Wissenschaft und Freiheit überhaupt, um Demokratie und Toleranz, um Verantwortung und vor allem ging es um die Herausforderungen der Zukunft, die nur in einer freien Gesellschaft zu lösen sein werden.

Das „Wir“ des Preußenkönigs aus der Gründungsurkunde hing gleich neben dem Bundesadler an der Stirnwand des Saales. Ein eleganter Bogen über 200 Jahre Universitätsgeschichte in Bonn. Der internationale Chor mit 100 Sängern aus 20 Nationen sang die Ode an die Freude von Beethoven. Rektor Michael Hoch unterstrich den Anspruch, jenen Kräften entgegenzutreten, die Freiheit bedrohen: „Dieser Herausforderung stellen wir uns als Universität, als Teil der Gesellschaft, mit aller Nachdrücklichkeit und Entschiedenheit heute und in Zukunft.“

Den Ton setzte Bundespräsident Steinmeier mit seiner Festansprache. Die reine Wissenschaft, es gibt sie nicht: Sie habe Voraussetzungen und brauche Bedingungen. Ihm ging es um die Verwobenheit von Demokratie, Freiheit und Wissenschaft. Auch nach 200 Jahren immer noch umstrittene Themen: Expertentum werde in Frage gestellt und bekämpft. Auch Freiheit sei eben nicht selbstverständlich.

Auf der Habenseite buchte Steinmeier die vielen Bonner Professoren, die in der Paulskirche um die erste demokratische Verfassung debattierten. Freiheitskämpfer aus den Reihen der Alumni wie Hofmann von Fallersleben, dessen Lied „Die Gedanken sind frei“, der Unichor sang, oder Carl Schurz. Steinmeier erinnerte auch an die dunklen Kapitel der Geschichte: Die Entziehung der Ehrendoktorwürde für Thomas Mann und die Vergesslichkeit vieler nach dem Ende der Nazidiktatur.

Keinen Debatten ausweichen

Steinmeier nahm die Hochschule für die Verteidigung der Freiheit und der Demokratie in die Pflicht. „Die Demokratie steht und fällt mir der Freiheit des Geistes“, sagte Steinmeier. Echte Freiheit der Wissenschaft könne es nur in einer Demokratie, in einer offenen Gesellschaft geben. Die akademische Suche nach Wahrheit setzte jedoch einen anständigen Umgang miteinander, setze Toleranz voraus.

Wenn Political Correctness gebrandmarkt werde, dann verstehe er das. Er halte diese Form der Debatte aber auch für einen Ausdruck von Sensibilität. Hochschullehrer trügen eine Verantwortung für die Zukunft der Demokratie. Der Staat müsse die Wissenschaft ausreichend mit Geld ausstatten. „Die Unabhängigkeit vom Staat ist garantiert, für die Unabhängigkeit von anderen muss die Wissenschaft selbst sorgen“, sagte Steinmeier mit Blick auf Diskussionen um die Förderung durch sogenannte Drittmittel.

Die Wissenschaft dürfe komplizierten Debatten nicht aus Angst vor der Komplexität ausweichen. Das begünstige andernfalls jene, die einfache Antworten schätzten. „Wir brauchen Antworten, die tragen“, unterstrich Steinmeier. Je glaubwürdiger der Prozess der Wissenschaft sich gestalten lasse, desto mehr Akzeptanz fänden die Antworten aus den Hochschulen. Er wünschte sich beim Blick nach vorne mehr Zuversicht. Er könne auch die Forschungsfeindlichkeit in Deutschland nicht erkennen. Der Wissenschaft komme ein zentrale Aufgabe zu: „Kluge Ideengeber sind überall gefordert.“

Rektor Michael Hoch erinnerte an die prägenden Prinzipien der Uni über 200 Jahre hinweg. Das Humboldt'sche Ideal der Einheit von Forschung und Lehre sei heute so aktuell wie bei der Gründung. Gute Hochschullehrer ziehen gute Studenten an und die wiederum seien die Wissenschaftler von morgen. Das Prinzip richtig verstanden mache die Studenten zu Forschern in eigener Sache und die Lehrenden zu Studenten, die an den Fragen des akademischen Nachwuchses wachsen. Diesem Ideal werde man nur noch mühsam gerecht. Hoch kritisierte das Missverhältnis zwischen Lehrpersonal und Studierenden.

Exzellenz-Universität werden

Rechnerisch betreut in Bonn ein Professor 80 Studierende. In Oxford liege die Zahl bei eins zu elf. Hoch wünschte sich eine ausreichende Finanzierung und er wünschte sich eine klarere Abgrenzung der Akteure in der Hochschullandschaft. Weil Universitäten und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften oft gleich behandelt würden, seien Aufgaben unklar und Grenzen verschwömmen. Hoch warb für mehr Geld und das Vertrauen des Staates in seine Universitäten, dass sie damit schon umzugehen wisse. Die Uni brauche Unterstützung beim Kampf um die besten Köpfe.

Minister Joachim Stamp versprach wenigstens ein wenig mehr Autonomie für die Universitäten. Dafür bekam er Applaus. Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Pönsgen bezeichnete es als Herausforderung „die Universität so gut wir irgend können zu unterstützen.“ Bei aller Exzellenz dürfe man auch den normalen Betrieb nicht aus dem Auge verlieren.

Einige der Leistungen der Bonner Universität kamen beinahe beiläufig daher: Ihre starke Verwurzelung in internationalen Verbindungen mit Studierenden und Lehrenden aus aller Welt und Partnern in vielen Ländern. Ihre große Bedeutung für die Stadt Bonn. Oberbürgermeister Ashok Sridharan machte klar, wie gut es ist, dass die Uni Bonn zu einer jungen Stadt macht, die auch immer jung bleibe. Bonn sei stolz auf seine Uni. Er versprach weiter Unterstützung.

Dafür wird es Gelegenheit geben, denn nach dem großen Erfolg bei der Exzellenz-Initiative geht es jetzt darum, Exzellenz-Universität zu werden. Nach dem Pathos der Feierstunde, nach viel Lob und freundlichen Worten geht es wieder an die Arbeit - immerhin ist Bonn ein preußische Gründung. „Wir, gemeinsam für die Zukunft“, gab Michael Hoch das Motto vor. Den Schwung des Jubiläums gilt es zu nutzen.

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