Fernwärme in Bonn Stadtwerke greifen nach Steag-Netz

Bonn · Die Stadtwerke Bonn (SWB) sind dabei, auch den letzten privaten Konkurrenten aus den Energienetzen im Stadtgebiet zu verdrängen.

Unterstützt von Stadtverwaltung und Rat hat sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren schon die Konzessionen für Strom- und Gasleitungen gesichert, von denen jahrzehntelang vor allem der RWE-Konzern profitiert hatte. Ziel der Rekommunalisierungsstrategie: Die Gewinne aus den lukrativen Netznutzungsentgelten sollen im städtischen Unternehmen landen. Jetzt wollen die SWB sich auch das Fernwärmenetz der Steag GmbH holen – notfalls gegen den Widerstand des Konzerns aus Essen.

Den Steag-Konzessionsvertrag hat die Stadt nach einem Ratsbeschluss im Dezember 2015 bereits fristgerecht gekündigt. Der Konzern, der in Duisdorf seit 1962 ein 6,7 Kilometer langes Leitungsnetz betreibt und unter anderem die Hardthöhe versorgt, hat der Kündigung widersprochen, wie aus einer vertraulichen Verwaltungsmitteilung hervorgeht.

Im nicht öffentlichen Teil der letzten Sitzung vor der Sommerpause segnete der Rat am 30. Juni den nächsten Schritt ab und ermächtigte die Stadt, das Steag-Netz an die Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser (EnW) zu verkaufen. Die soll dann von ihrem Konkurrenten die Herausgabe aller Leitungen und Anlagen verlangen. Das kann durchaus teuer werden: Die Übernahme der Stromnetze in Bad Godesberg und Beuel von RWE zum Beispiel kostete die Stadtwerke vor zwei Jahren rund 35 Millionen Euro.

Grundlage für den Fernwärme-Schachzug ist ein Gutachten im SWB-Auftrag: Demnach sei es „rechtlich gut vertretbar, von einer Eigentümerposition der Stadt Bonn bezüglich der in öffentlichen Verkehrswegen verlegten Fernwärmeleitungen“ auszugehen, heißt es in der städtischen Beschlussvorlage. Das Argument, vereinfacht ausgedrückt: Wenn Leitungen im städtischen Boden verlegt werden, geht das Eigentum an die Kommune über. Im Grundsatz ist das zwar richtig, im Einzelfall hat der Bundesgerichtshof aber auch schon anders entschieden – abhängig von den genauen Umständen. Es besteht also ein Prozessrisiko, zu schultern durch die Stadtwerke.

Die Versorgung der bisherigen Steag-Kunden werde durch die Netzübertragung nicht gefährdet, lautet die interne Einschätzung der Stadtverwaltung. Sämtliche Anfragen des General-Anzeigers zu dem Vorgang wurden vom Presseamt, den Stadtwerken und Steag allerdings mit Hinweis auf laufende Gespräche abgeblockt.

Das strategische SWB-Interesse ist klar: Das städtische Unternehmen will sein eigenes Fernwärmenetz ergänzen (siehe Kasten). Die Stadt hat mit der EnW inzwischen einen 30 Jahre laufenden Fernwärme-Konzessionsvertrag für das gesamte Stadtgebiet abgeschlossen. Auf dieser Grundlage zahlt die Energie-Tochter erstmals eine Konzessionsabgabe für diese Energieart in die Stadtkasse – zwischen 100.000 und 130.000 Euro im Jahr.

Diese Summe wird auf die Kunden umgelegt, was den Preis laut Stadtverwaltung um etwa 0,03 Cent erhöht. Trotzdem liege die EnW damit noch „im guten Mittelfeld der Fernwärmeversorger im Deutschland-Vergleich“, heißt es in einer weiteren vertraulichen Mitteilung.

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