Baugenehmigung für Appartementhaus Stadtwerke drohen der Stadt Bonn mit Klage

Bonn · Stadtwerke und Stadt Bonn streiten um eine Baugenehmigung für ein Appartementhaus mit 288 Wohnungen gleich neben dem Heizkraftwerk. Nun könnte es vor Gericht gehen.

Streit kommt in den besten Familien vor, und offenbar hat es heftig gekracht zwischen der Stadt Bonn und ihrer Tochter Stadtwerke Bonn (SWB). Es bahnt sich sogar eine Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgericht Köln an. Konkret geht es um die Baugenehmigung für einen Wohnkomplex mit 288 Studentenappartements und 116 Tiefgaragenplätzen in der Weststadt. Direkter Nachbar: das Heizkraftwerk Nord (HKW) des SWB-Unternehmens Energie und Wasser (EnW).

Die SWB fürchten negative Folgen durch das Wohnprojekt, weil sich die Anforderung an den Immissionsschutz bei dem Kraftwerk in Zukunft verschärfen und dieser damit richtig teuer werden könnte. Die Stadtwerke sind offensichtlich fest entschlossen, gegen die im Mai vom städtischen Bauordnungsamt erteilte Baugenehmigung vorzugehen. Aus vertraulichen Unterlagen der jüngsten EnW-Aufsichtsratssitzung, die dem GA vorliegen, geht hervor: Die Baugenehmigung wurde erteilt, ohne dass die SWB EnW davon Kenntnis erhielten.

Von den Bauvorhaben auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück der Technologiefirma Frings zwischen Karl-, Nidegger- und Jonas-Cahn-Straße hatten die SWB ein Jahr zuvor aus der Presse erfahren. Sofort habe SWB EnW der Stadt Bonn schriftlich ihre Bedenken mitgeteilt. Im April übermittelte der vom Eigentümer des Areals – die Commerz Real AG – beauftragte Projektentwickler Kreer Ingenieure aus Köln den SWB eine Stellungnahme über eine Schallimmissionsprognose. Damit sollte der Nachweis geführt werden, dass alle Immissionswerte an der Fassade des Studentenwohnheims eingehalten würden.

Die SWB indes konterten. Diese Prognose, die der Baugenehmigung zu Grunde lag, sei methodisch fehlerhaft. So seien Verkehrslärm-Immissionen unter anderem des Betriebshofs Bonn-Netz auf dem SWB-Gelände an der Karlstraße außer Acht gelassen worden. Die SWB forderten, die Planung nachzubessern. Der Vorschlag von Kreer, eine Prallschutzwand einzubauen, lehnen die SWB indes ab. Er sei „aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar und somit kein geeignetes Mittel zur Lösung des Problems“, heißt es in den Papieren für den Aufsichtsrat.

SWB fürchten hohe Kosten

Jetzt ist offenbar guter Rat teuer. „Die genehmigte Ausführung des Bauvorhabens birgt für die SWB EnW die Gefahr, dass durch die neu entstehenden Immissionsorte an der Fassade des Studentenwohnheimes im Falle von Änderungen oder Erweiterungen des Kraftwerkes zusätzliche kostenintensive Anforderungen an den Lärmschutz gestellt werden“, warnen die Stadtwerke. Und teilen mit, „notfalls die erforderlichen Rechtsbehelfe zur Wahrung der berechtigten Belange des Kraftwerksstandortes und des Betriebshofes“ ergreifen zu wollen.

Stadtsprecherin Monika Hörig erklärte auf Anfrage: „Die Bauaufsicht hat auf Basis eines positiven Bauvorbescheids von 2012 den Bauantrag geprüft und die Studentenwohnungen an der Nideggerstraße genehmigt. Die baurechtlichen Voraussetzungen waren aus Sicht der Verwaltung erfüllt, so dass kein Spielraum für eine andere Entscheidung bestand.“ Denn in diesem Fall seien dort sowohl Wohnen als auch Gewerbe zulässig. Da in NRW das Widerspruchsverfahren abgeschafft sei, stehe als Überprüfungsinstanz nur das Verwaltungsgericht zur Verfügung, das nur durch Klage eingeschaltet werden könne. „Es handelt sich für die Bauaufsicht insofern um keinen außergewöhnlichen Fall.“

Das sieht Klaus-Peter Gilles allerdings anders. „Ich bin sprachlos“, sagte der Aufsichtsratvorsitzende des SWB-Konzerns und CDU-Ratsfraktionschef dem GA. „Das Bauordnungsamt hätte erkennen können, dass es sich hier um eine kritische Gemengelage handelt.“ Immerhin gehe es um ein städtisches Unternehmen, das das Geld für die Leistungen von Bus und Bahn erwirtschafte. Gilles kündigte an, den Vorgang prüfen lassen zu wollen, ob jemand fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt habe. Als Ratsherr sei ihm zwar bewusst, dass der Stadt Regress drohen könnte. Trotzdem: „Ich kann den SWB nur raten, sich zu wehren.“

Empört über den Vorgang zeigte sich auch Werner Hümmrich (FDP), Aufsichtsratschef der SWB EnW. „Es ist unverantwortlich, wie im Planungsdezernat agiert wird.“ Die Verwaltung habe die Nachteile für die SWB billigend in Kauf genommen. „Denn das Risiko ist hoch, dass künftig Bewohner des Neubaus gegen das Heizkraftwerk klagen.“ SPD-Ratsherr Herbert Spoelgen, Mitglied im SWB-Konzernaufsichtsrat, erinnert an den schwelenden Streit um die Klimaanlage auf dem Dach des Anlagenbauers Eaton, der ebenfalls in dem Viertel beheimatet ist. Den Anwohnern ist die Anlage zu laut, sie haben die Stadt Bonn aufgefordert, dagegen vorzugehen.

Rolf Beu (Grüne) zeigte sich ebenfalls verärgert. „Das nennt man Vergoldung eines Grundstücks, wo eigentlich Gewerbe angezeigt ist.“ Das Argument der Verwaltung, es handele sich um ein Mischgebiet, akzeptiert er nicht. „Man hätte einen Aufstellungsbeschluss für ein Bebauungsplanverfahren herbeiführen müssen.“ Schließlich sei die dortige Verkehrsführung auch hoch problematisch. Wie der Projektentwickler zu dem Streit steht, war nicht zu erfahren. Nur so viel: „Wir haben wie geplant mit dem Bauprojekt begonnen und werden es voraussichtlich 2019 fertiggestellt haben“, sagte Kreer-Sprecherin Brigitte Froehlich auf GA-Anfrage. Von den Stadtwerken war trotz mehrfacher Anfrage seit voriger Woche keine Stellungnahme zu erhalten.

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