Gerichtsurteil zu Stickoxiden Stadtwerke Bonn sind von Fahrverboten nicht betroffen

Bonn · Die Bonner Stadtwerke sind nach eigenen Angaben nicht von einem Fahrverbot auf Bonner Straßen betroffen. Ein Gericht hatte diese am Donnerstag für bestimmte Fahrzeuge angeordnet. Allerdings müssen die Bonner nachrüsten.

Wenn es nicht zum „Wunder von Münster“ kommt, werden ältere Diesel und Benziner ab 1. April 2019 nicht mehr auf dem Belderberg und der Reuterstraße fahren dürfen. An dieses „Wunder“, also eine erfolgreiche Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht, glaubt Stadtbaurat Helmut Wiesner nicht mehr, wie er am Donnerstagabend im Stadtrat betonte. Und so müssten gesetzestreue Autofahrer mit älteren Pkw diesen beiden wichtigen Straßenzügen ausweichen. Das dürfte beim Belderberg als Teil des City-Ringes und der Hauptachse Reuterstraße massive Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben. Unklar ist, ob die vom Verwaltungsgericht vorgeschriebenen Fahrverbote auch für die Kreuzungen gelten. „Dazu wird das Gericht auch in seiner schriftlichen Urteilsbegründung keine Angaben machen“, so Gerichtssprecher Michael Ott.

Wie geht die Stadt Bonn mit dem Fahrverbot um?

In Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung Köln prüft die Stadt laut Wiesner, wie mit der Entscheidung umzugehen ist. Die Verwaltung geht davon aus, dass bei begründetem Interesse entsprechend der bisherigen Umweltzone Ausnahmegenehmigungen etwa für Handwerker möglich sein werden. Der zu erwartende Ausweichverkehr und konkrete Routenführungen sollen verkehrsplanerisch analysiert werden. Dazu soll ein Dialog mit betroffenen Gruppen und Verbänden erfolgen. Einen Ermessensspielraum habe die Stadt nicht, so Wiesner: Die Durchfahrtsverbotsschilder müssten in jedem Fall aufgestellt werden.

Welche Modelle sind betroffen?

Betroffen sind ältere Diesel-, aber auch Benzinfahrzeuge. Vom Belderberg sollen ab April Diesel mit Euro-4-Motoren und älter sowie Benziner der Klassen Euro 1 bis 3 ausgeschlossen bleiben. Auf der Reuterstraße umfasst das Fahrverbot Dieselfahrzeuge mit Motoren bis Euro 5 und älter sowie Benziner der Klassen Euro 1 und 2.

Wie aussichtsreich ist die Berufung gegen das Urteil?

Urteile gab es schon in Stuttgart, München, Düsseldorf, Berlin, Aachen, Frankfurt und Mainz. In Hamburg sind Fahrverbote in Kraft. Rechtskräftige Urteile gelten zudem für Stuttgart, Düsseldorf und München. Erfolgreiche Berufungsverfahren gab es noch nicht, für Aachen läuft die Berufung. Am Donnerstag geht es vor dem Verwaltungsgericht Essen um Fahrverbote für Essen, Gelsenkirchen, Bochum und Dortmund.

Sind auch städtische Fahrzeuge betroffen?

Im städtischen Fuhrpark (ohne Bonnorange und Stadtwerke) sind rund 170 Fahrzeuge – insbesondere Nutzfahrzeuge und selbstfahrende Arbeitsmaschinen – schlech᠆ter als Euro 6 eingestuft. Seit Anfang 2018 setzt die Stadt bei Neubeschaffungen vorrangig Fahrzeuge mit Elektroantrieb beziehungsweise Dieselhybrid ein. Die Führer von Fahrzeugen mit den betroffenen Schadstoffklassen werden ab den jeweils festgelegten Terminen angewiesen, die von einem DieselFahrverbot betroffenen Straßen zu umfahren. Die Kolonnen, in deren Bereich die Verbotszonen liegen, werden vorrangig mit Fahrzeugen ausgestattet, die die geforderten Schadstoffklassen aufweisen. Eine Umrüstung aller Fahrzeuge auf den Euro-6-Standard wird angestrebt.

Wie sind die Stadtwerke aufgestellt?

Laut SWB-Sprecher Werner Schui sind die Stadtwerke vom Fahrverbot nicht direkt betroffen. Seit 2013 beschaffe man ausschließlich Dieselbusse mit der sauberen Euro-6-Norm. Ältere Fahrzeuge im Fuhrpark werden mit sogenannten SCR-Anlagen nachgerüstet, so dass sie den Werten von Euro-6-Fahrzeugen entsprechen. Die Ausschreibung läuft, die Umrüstungsarbeiten sollen Anfang 2019 beginnen. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf zwei Millionen Euro, wobei die SWB auch Zuschüsse erwarten. Zudem hält man an dem Plan fest, die Busflotte bis 2030 auf emissionsfreie Elektrobusse umzustellen. Schui verweist auf das Fahrradmietsystem Nextbike und den Ausbau der Ladeinfrastruktur für private Elektrofahrzeuge für den Umstieg von Verbrennungsmotoren auf E-Autos.

Was sagt das Taxigewerbe?

„296 unserer Fahrzeuge sind mit dem Euro-6-Dieselmotor ausgestattet, also nicht vom Fahrverbot betroffen“, sagt Claus Lenz, Geschäftsführer der Taxigenossenschaft Bonn mit einer Flotte von 313 Fahrzeugen. Für die übrigen werde es sicherlich eine Übergangszeit geben, da Taxen eine Beförderungspflicht hätten. „Die durchschnittliche Laufzeit eines Taxis ist ohnehin höchstens vier Jahre.“ Lenz geht davon aus, dass die betroffenen Autofahrer nach Inkrafttreten des Fahrverbots Ausweichrouten wählen. „Deshalb muss man abwarten, ob dieses Verbot, von dem ich nichts halte, überhaupt etwas bringt.“

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