WCCB-Hotel Stadtverwaltung drängt auf Verkauf

BONN · Die Stadtverwaltungsspitze um Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch drängt darauf, das unfertige WCCB-Hotel bis zum Sommer zu verkaufen. Schon in der Mai-Sitzung des Rates will sie sich den Vertragsabschluss absegnen lassen und damit in einer strategischen Frage Fakten schaffen: Fährt Bonn besser, wenn es einen einmaligen Kaufpreis einstreicht?

Oder ist es wirtschaftlicher, wenn die Stadt das Hotel selbst zu Ende baut, einen privaten Betreiber sucht und jährliche Pacht kassiert? Die Pacht würde das kaum vermeidbare Defizit des Kongressbetriebs im World Conference Center Bonn mildern - und das auf Dauer.

Laut Stadtverwaltung sind noch zwei höchstbietende Kaufinteressenten im Rennen, wie aus einer geheimen Beschlussvorlage für den Rat hervorgeht. Ein Bonner Investor bietet demnach 17 Millionen Euro, eine weltweit agierende Hotelkette 16 Millionen Euro.

Der spätere Ertragswert des Hotelbetriebs wird nach GA-Informationen auf mindestens drei Millionen Euro im Jahr taxiert. Was es kostet, das Hotel zu vollenden, ist noch unklar: Die Schätzung der Stadtverwaltung reicht von 25 bis 45 Millionen. WCCB-Insolvenzverwalter Christopher Seagon geht nach GA-Informationen von 27 Millionen Euro aus.

Nimptsch und seine Verwaltung machen in der Vorlage Druck auf die Kommunalpolitiker. Der Verkauf, wird dort behauptet, sei juristisch die einzige Möglichkeit. "Das dauerhafte Eigentum des Hotels und sein Betrieb im Wege der Vermietung/Verpachtung sind aufgrund der in der Gemeindeordnung definierten Stellung der Kommune und ihres damit einhergehenden Aufgabenkatalogs ausgeschlossen."

Aus Sicht der Bezirksregierung Köln als Aufsichtsbehörde komme eine Verpachtung daher nur übergangsweise in Betracht. Von der Bezirksregierung ist für diese schriftliche Aussage der Stadtverwaltung keine Bestätigung zu bekommen. "Wir befinden uns im Abstimmungsprozess", erklärte eine Sprecherin nur. "Es wird Gespräche zwischen den Beteiligten geben."

Darf eine Kommune laut NRW-Gemeindeordnung als Eigentümerin ein Hotel an einen Betreiber verpachten oder nicht? Diese Grundsatzfrage wollte auch das Innenministerium nicht beantworten. Das WCCB sei ein Spezialfall, den die Bezirksregierung Köln bewerten müsse, sagte eine Sprecherin dem GA.

Für Wolfgang Löwer ist die Antwort dagegen klar. Der Professor für öffentliches Recht an der Bonner Universität sieht in der Gemeindeordnung keinen Hinderungsgrund für die Stadt, Eigentümerin des Hotels zu bleiben. "Die Kommune würde es ja nicht selbst betreiben, sondern verpachten oder vermieten und somit auch nicht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft treten." Genau das erlaubt die NRW-Gemeindeordnung nur dann, wenn ein öffentlicher Zweck erfüllt wird, indem sich eine Stadt wirtschaftlich betätigt.

Aber selbst diese rechtliche Hürde wäre nach Löwers Einschätzung problemlos zu überspringen: "Das Hotel gehört zum WCCB-Gesamtkonzept, das Bonn als UN-Standort stärken soll. Das ist ein klarer öffentlicher Zweck." Würde die Stadt das Hotel behalten und verpachten, betont der Jura-Professor, wäre das im Übrigen eine ganz normale "fiskalische Nutzung von eigenem Finanzvermögen".

Ähnliche Beispiele gibt es längst in Bonn: Auch das Parkrestaurant in der Rheinaue oder das Restaurant in der Godesburg werden von der Stadt als Eigentümerin verpachtet. Der Bonner Investor bestätigt sein Interesse auf GA-Nachfrage, will aber während des Bieterverfahrens nicht in die Öffentlichkeit gehen. Er hat sich das Hotel mit eigenen Experten angesehen und spricht von einer "guten Bausubstanz".

Der Unternehmer kalkuliert für die Fertigstellung des 336-Betten-Hotels mit einer Planungs- und Bauphase von insgesamt 18 Monaten. Nach Angaben der Stadtverwaltung ist der frühestmögliche Fertigstellungstermin für das Kongresszentrum im Januar 2015. Das wird knapp für die Hoteleröffnung. Würde die Stadt selbst zu Ende bauen, wäre das Hotel allerdings wohl noch später fertig. Die Verwaltung schätzt die Verzögerung - unter anderem wegen einer komplizierteren Ausschreibung - auf rund ein Jahr.

Für den Unterausschuss Kongresszentrum ist am Montag eine Sondersitzung anberaumt. Dabei geht es unter anderem um die von 51,5 auf 76,8 Millionen Euro gestiegenen Kosten für den WCCB-Gesamtkomplex (Kongresshalle, Parkhaus, Abgeordnetenhäuser), aber auch um die Hotelfrage.

"Die bisherige Beschlussvorlage der Verwaltung war nicht abstimmungsreif", sagt Georg Fenninger, Geschäftsführer der CDU-Fraktion. "Wir verlangen, dass die Verwaltung alle Alternativen mit plausibilisierten Zahlen darstellt." Auch Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Tom Schmidt beharrt auf einem aussagekräftigen Wirtschaftlichkeitsvergleich. "Der Verkaufspreis muss plausibel sein, wenn wir zustimmen sollen."

Rote Zahlen
Das Hotel war in der ursprünglichen WCCB-Planung als "Quersubventionierer" für die Verluste aus dem Kongressbetrieb vorgesehen. Nach Recherchen des GA dürfte das Defizit bei rund vier Millionen Euro im Jahr liegen (vergleiche "Millionenfalle" 87). Werden Hotel und Kongresszentrum getrennt, muss die Kommune dieses Defizit komplett aus dem ohnehin auf Kante genähten Haushalt ausgleichen. Besonderes Problem: Die Vereinten Nationen als wichtige Konferenz-Kunden werden offenbar einen Mietrabatt von bis zu 90 Prozent erhalten.

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