Verlängerung für Bonns Theater-Chef Stadtsportbund kritisiert Vertragsabschluss

Bonn · Der Stadtsportbund wirft Rat und Stadtverwaltung unverantwortliches Handeln vor. Generalintendant Bernhard Helmich ruft zur Versöhnung auf.

Kaum war der Ratsbeschluss am Vorabend gefallen, machte die Stadtverwaltung ernst: Oberbürgermeister Ashok Sridharan und Kulturdezernent Martin Schumacher trafen sich am Freitagvormittag mit dem Generalintendanten Bernhard Helmich zur Unterzeichnung seiner umstrittenen Vertragsverlängerung. Auch den Fünfjahresvertrag mit Dirk Kaftan, dem neuen Chef des Beethoven Orchesters, unterschrieben sie im Alten Rathaus. Der bisherige Chefdirigent der Oper und des Philharmonischen Orchesters in Graz wird ab August 2017 Generalmusikdirektor in Bonn.

„Das ist eine wichtige Woche für Bonn“, erklärte der OB. Nachdem schon der Vertrag von Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner verlängert wurde, seien nun alle personellen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen, um das Beethovenjubiläum 2020 erfolgreich vorzubereiten. Das dulde keinen Aufschub mehr. Sridharan lobte die „hervorragende Arbeit“, die Helmich geleistet habe. „Er hat auch konstruktiv dazu beigetragen, die Ausgaben im Theater zu reduzieren.“ Erfreut zeigte sich Sridharan, dass es gelungen sei, Dirk Kaftan für die Stadt zu gewinnen. „Er wird neue Impulse setzen und die Reputation des Beethoven Orchesters weiter ausbauen.“

Gegen Helmichs Vertragsverlängerung bis 2023 läuft der Stadtsportbund Bonn (SSB) seit Wochen Sturm. Der Generalintendant rief am Freitag zum „Versöhnungsprozess“ auf. „Die Gräben müssen geschlossen werden. Die Aufgabe muss sein, die Wirkung der Kunst so auszubauen, dass sie die Stadtgesellschaft versöhnt und zusammenhält.“ Darüber rede er mit Dirk Kaftan seit Wochen. „Theater und Musik sind ebenso wie Sport lebensnotwendige Bestandteile der Gesellschaft“, betonte der designierte Generalmusikdirektor. Es gehe darum, die Kunst im Sinne von Beethoven für alle zu öffnen, um Bestätigung und Rückhalt in der Gesellschaft. „Was wir tun, richtet sich nicht an eine Elite“, so Kaftan. Gemeinsam mit Helmich arbeitet er seit einiger Zeit am Programm für das Jubeljahr, für das auch zwei namhafte Komponisten verpflichtet werden sollen. Details verrieten beide noch nicht. Kaftan hatte seine Ehefrau Victoria und seine Töchter Alva (8) und Greta (5) ins Rathaus mitgebracht. „Ich bin bereit, mich voll auf Bonn einzulassen“, versicherte er.

Offen ließ Kaftan, wie er den Ratsbeschluss umsetzen will, das Orchester um sechs auf 100 Musikerstellen zu verkleinern. „Das ist ein komplexes Thema, auf das Bonn seit zehn Jahren keine Antwort gefunden hat.“ Die hohen Erwartungen an das Ensemble passten nicht mit einem abrupten Stellenabbau zusammen. Kaftan: „Wir haben aber einen Weg gefunden, der Perspektiven bietet.“

Im Streit um Helmichs Vertragsverlängerung wirft der Stadtsportbund der Ratsmehrheit und der Verwaltung eine Spaltung der Gesellschaft vor: „Oper und Schauspiel können bis 2023 in Saus und Braus leben, während alle übrigen Gesellschaftsgruppen sich mit dem kümmerlichen Rest der zur Verfügung stehenden Zuschüsse zufrieden geben müssen“, erklärte SSB-Finanzchef Achim Dehnen. Der Verband hatte mit einem Bürgerbegehren gedroht und will am Montag über das weitere Vorgehen beraten. Seine Forderung war, mit der Vertragsverlängerung bis zum Abschluss der beginnenden Haushaltsberatungen zu warten.

Das hatte auch die SPD im Rat erfolglos beantragt. Der Großteil der Fraktion lehnte deshalb die Verlängerung ebenso ab wie die Piraten, die AfB und der Bürger Bund. Heftige interne Debatten hatte es zuvor in der Grünenfraktion gegeben. „Der Zeitpunkt für diese Entscheidung ist schwierig“, betonte Fraktionschefin Brigitta Poppe im Rat. Es habe sie „irritiert, dass Herr Helmich von diesem Termin nicht abrücken wollte“. Auch die Grünen sind aber von den Qualitäten des Theater-Chefs überzeugt.

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