Stadt will Sexsteuer-Automaten aufstellen

Die Stadtverwaltung ist unzufrieden mit den Einnahmen aus der Sexsteuer. Weil die Beamten feststellen mussten, dass die wenigsten Prostituierten eine Steuererklärung abgeben, entwickelten sie eine neue Idee.

 Mehr als 200 000 Euro ließ sich die Stadt die "Verrichtungsboxen" an der Immenburgstraße kosten. Seitdem diese benutzt werden, würden die Anwohner seltener belästigt, so die Verwaltung.

Mehr als 200 000 Euro ließ sich die Stadt die "Verrichtungsboxen" an der Immenburgstraße kosten. Seitdem diese benutzt werden, würden die Anwohner seltener belästigt, so die Verwaltung.

Foto: Volker Lannert

Bonn. Die Sexsteuer war offenbar doch keine so heiße Idee. Die Stadt hat die kommunale Abgabe, die Bonner Prostituierte zahlen sollen, vor einem halben Jahr eingeführt. Genügend Geld scheint aber noch nicht geflossen zu sein - weil etliche Damen aus dem horizontalen sich unkooperativ zeigen.

"Von den Steuerpflichtigen des Straßenstrichs wurden bisher nur vereinzelt Steuererklärungen abgegeben", teilt die Stadtverwaltung in einer Beschlussvorlage mit. Und weiter: "Anschreiben an die bei Kontrollen angetroffenen Prostituierten waren in der Regel unzustellbar, weil die angegebenen Anschriften unzutreffend waren und diesbezügliche Ermittlungen ins Leere gingen."

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Automatischer Lacherfolg"Besonders pikant für den Kämmerer: Die Stadtverwaltung hat zur Bearbeitung der erhofften Sexsteuereinnahmen extra zwei Planstellen eingerichtet. Bisher konnte sie aber erst eine davon besetzen.

Weil keine Steuererklärungen aus dem Rotlichtbezirk kommen, hat man jetzt im Stadthaus eine raffiniertere Methode entwickelt. Auf dem "Verrichtungsgelände" an der Immenburgstraße soll im August ein Steuerticketautomat aufgestellt werden.

Die Ausschreibung für das Gerät läuft bereits. Die Stadt hofft darauf, dass die Prostituierten sich für jeden "Arbeitstag" ein Steuerticket im Wert von sechs Euro ziehen und bezahlen. Erwischen die städtischen Kontrolleure eine Prostituierte ohne Ticket, wäre das als Ordnungswidrigkeit zu ahnden: Im Wiederholungsfall droht ein Bußgeld über 100 Euro.

Strenge Regeln Die "Anbahnungszone" für die Prostituierten und ihre Kundschaft ist zuletzt noch einmal verkürzt worden: auf den Bereich zwischen Tor 4 der Müllverbrennungsanlage und der Karlstraße. Die Prostituierten dürfen sich dort erst ab 20.15 Uhr anbieten. Die Beschränkungen gehen auf einen Kompromiss mit dem Inhaber der benachbarten "Fressnapf"-Filiale zurück. Er hatte gegen die Anbahnungszone geklagt, um Mitarbeiterinnen und Kundinnen davor zu bewahren, dass sie von "Freiern" angesprochen werden. Der Rat hat den verschärften Regeln kürzlich zugestimmt. Sie gelten ab 21. Juni.Die Beamten gehen von "25 Veranstaltungstagen" pro Monat aus. Sollten einzelne Damen zu viel Steuerehrlichkeit an den Tag legen, dürfen sie sich sogar Geld zurückzahlen lassen. "Sofern im Kalendermonat mehr als 25 Steuertickets gelöst wurden", heißt es in der Satzungsänderung, über die der Rat im Juli entscheiden soll, "kann bei entsprechendem Nachweis durch formlosen Antrag an das Kassen- und Steueramt unter Angabe einer Bankverbindung die Erstattung der überzahlten Steuer beantragt werden.

Der Antrag ist bis zum Ablauf des dritten Monats, der dem maßgeblichen Monat folgt, zu stellen." Ob die Frauen, die oft aus dem Ausland stammen und häufig von Zuhältern ausgebeutet werden, gesteigertes Interesse daran haben, ihre Kontonummern zu offenbaren?

Eigentlich sollte die Sexsteuer die Kosten für die "Verrichtungsboxen" refinanzieren, die die Stadt unter anderem zur Sicherheit der Prostituierten bauen ließ. Einschließlich Grundstückspacht und Bewachung liegen die städtischen Ausgaben für das Projekt bei 240 000 Euro. Die Boxen werden nach Einschätzung der Verwaltung gut angenommen.

Die Anwohner der Umgebung würden seltener belästigt als früher. Die Stadt rechnet in diesem Jahr mit Einnahmen von etwa 200 000 Euro aus der Sexsteuer. Eingenommen sind bereits rund 100 000 Euro, so das Presseamt. Zumindest die Betreiber von Bordellen und Rotlichtbars scheinen zahlungswillig zu sein. "Wir hatten ursprünglich 300 000 Euro im Jahr erhofft", sagte Monika Frömbgen aus dem Presseamt.

Aber die Prognose sei schwierig gewesen, weil die Zahl der Prostituierten unklar gewesen sei. Heute geht die Verwaltung von etwa 200 steuerpflichtigen Prostituierten in Bonn aus, wovon die Hälfte in Bordellen arbeite.

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