WCCB-Schadensersatzprozess Stadt will 29 Politiker als Zeugen

Bonn · Während die Stadt Bonn im WCCB-Bürgschaftsstreit mit der Sparkasse Köln-Bonn vor dem Bonner Landgericht allem Anschein nach bereit ist, die Segel zu streichen und rund 72 Millionen Euro zu zahlen, kämpft sie an einer anderen Front weiter um Schadensminimierung.

Im Zivilprozess vor der 1. Bonner Zivilkammer, in dem sie die damals für das World Conference Center verantwortlichen Man-Ki Kim und Ha-S. C. verklagt, hat sie beantragt, 30 Zeugen – damalige Ratsmitglieder und zwei Fraktionsmitarbeiter – zu hören. Damit soll bewiesen werden, dass die Politiker seinerzeit von den beiden Südkoreanern getäuscht wurden und es nur deshalb zu dem immensen Schaden für Bonn und seine Steuerzahler gekommen sei.

Für diesen Schaden sollen die beiden nun aufkommen, fordert die Stadt Bonn. Denn in Wahrheit hatte Kim kein Kapital für den Bau des WCCB, und C. vertrat als dessen Bonner Statthalter die Interessen von Kims angeblich potenter Firma SMI Hyundai Corporation. Beide wurden Anfang Mai 2013 von der 7. Bonner Wirtschaftsstrafkammer unter anderem wegen Betruges zum Nachteil der Stadt zu Haftstrafen verurteilt: Kim zu sechseinhalb Jahren, C. zu drei Jahren und drei Monaten.

Nun macht die Stadt in ihrer Klage geltend: Der damalige Stadtrat hat am 14. Dezember 2005 Kim und dessen Firma SMI Hyundai Corporation den Zuschlag als Investor für das Prestigeobjekt WCCB nur erteilt, weil den Politikern vorgetäuscht wurde, hinter dem Firmennamen stehe der Weltkonzern Hyundai und damit auch dessen Kapital. Also hat die 1. Zivilkammer kürzlich einen Hinweisbeschluss erlassen, wonach die von der Stadt benannten Zeugen an vier Verhandlungstagen im Januar und Februar kommenden Jahres vernommen werden sollen. 30 Zeugen hat die Stadt auf die Liste gesetzt, 29 sollen gehört werden, denn ein damaliger Ratsherr, der SPD-Stadtverordnete Werner Esser, ist inzwischen verstorben.

An was können sich die Zeugen noch erinnern?

Die Beweisfrage lautet: Welche Vorstellungen hatten die Ratsmitglieder bei Fassung des Ratsbeschlusses von der SMI Hyundai Corporation, insbesondere zum Konzernhintergrund und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Erbringung von 40 Millionen Euro Eigenkapital durch Investor Kim?

Doch an was können sich die Zeugen nach so langer Zeit überhaupt noch erinnern? „Ich weiß doch nichts mehr, das ist doch schon so lange her“, meinte denn auch einer der als Zeugen geladenen Stadtverordneten nach der jüngsten Ratssitzung, wo im nichtöffentlichen Teil per Mehrheitsbeschluss die Genehmigung zur Aussage erteilt worden war. Normalerweise sind Mandatsträger zur Verschwiegenheit verpflichtet. Mittlerweile ist es elf Jahre her, dass die Bonner Ratsmitglieder in Sachen WCCB ihre folgenschwere Entscheidung für Kim trafen.

Schon im Strafprozess gegen die beiden Südkoreaner zeigte sich, wie schwer es vielen Politikern fiel, sich an Details von damals zu erinnern. 47 Ratsmitglieder wurden Anfang 2013 vom Gericht gehört, sie alle traten mit aus Steuergeldern finanziertem anwaltlichem Beistand in den Zeugenstand. Die meisten gaben an, sich mit dem komplexen Sachverhalt nicht ausgiebig beschäftigt, sondern sich auf die Experten und Einschätzungen der Verwaltung verlassen zu haben. „Wenn wir uns auf die Verwaltung nicht mehr verlassen können, können wir unsere Arbeit einstellen“, erklärte damals nicht nur ein Politiker als Zeuge.

Stadtverordnete müssen Anwalt selbst zahlen

Dieses Mal müssen die Stadtverordneten selbst zahlen, wenn sie einen Anwalt an ihrer Seite wünschen. Die Ausnahmeregelung zur Kostenübernahme wie damals sei in diesem Fall nicht mehr anwendbar, da es sich nun um ein zivilrechtliches Verfahren handele, heißt es in der Begründung der entsprechenden Verwaltungsvorlage.

Die Inanspruchnahme eines Zeugenbeistands in dem seit 2014 laufenden Schadensersatzprozess ist laut der Verwaltung daher nicht erforderlich. Entsprechend wurde auch für die bisher als Zeugen vernommenen, ehemaligen städtischen Bediensteten die Übernahme der Kosten eines Zeugenbeistands abgelehnt: Die damals Verantwortlichen für das WCCB, Eva-Maria Zwiebler und Arno Hübner, wurden wie auch die damals für die Kreditvergabe an Kim zuständigen Sparkassenvertreter bereits als Zeugen vor der 1. Zivilkammer gehört. Gegen Hübner und Zwiebler hatte die Bonner Wirtschaftsstrafkammer die Verfahren wegen geringer Schuld und gegen Geldbußen ohne Verurteilung eingestellt.

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