Verfahrenseinstellung Stadt soll Verteidigerkosten zahlen

BONN · Im zweiten strafrechtlichen Verfahren in Zusammenhang mit den Geschehnissen um das World Conference Center Bonn (WCCB) gegen die beiden städtischen Bediensteten Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler hat die 7. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bonn eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage nach Paragraf 153a StPO (Strafprozessordnung) angeboten.

Aus einer nichtöffentlichen Ratsvorlage geht hervor, dass Hübner und Zwiebler dem Angebot möglicherweise erst nach einer städtischen Garantieerklärung zur Übernahme der kompletten Anwaltskosten zustimmen werden. Denn dort heißt es: "Da eine Zustimmung zur Einstellung auch von der Zusage der Übernahme der Anwaltskosten durch die Stadt maßgeblich abhängig ist, ist eine Dringlichkeit gegeben." Beschließen soll der Rat die Übernahme von 842 225,49 Euro für Hübners und Zwieblers bisherige Verteidigung.

Wie der GA berichtete, hatte der Vorsitzende Richter eine Verurteilung wegen des Betrugsverdachts nach der bisherigen Beweisaufnahme für "eher unwahrscheinlich" erklärt. Für den zweiten Anklagepunkt der Untreue im besonders schweren Fall (Hübner) und der Beihilfe dazu (Zwiebler) ist die Beweisaufnahme noch nicht gestartet, doch hatte der Richter dazu laut nachgedacht: "Man darf sich auch die Frage stellen: Wenn Untreue zutrifft, was würde dann herauskommen? Welche persönliche Schuld?" Er deutete an, dass die überlange Ermittlungs-/Verfahrensdauer, die erschwerend zudem im öffentlichen Raum stattfand, das Strafmaß (im Fall eines Urteils) erheblich senken, aber die Pensionsansprüche gefährden würde. Er fragte: "Steht das im Verhältnis?" So kam es zum Angebot einer Einstellung.

Zurzeit denken Staatsanwaltschaft und Strafverteidiger über dieses Angebot nach. In der dem GA vorliegenden Ratsvorlage mit der Nummer 1511967 heißt es wörtlich: "Es bedarf einer kurzfristigen Ratsentscheidung, da ansonsten zu erwarten ist, dass in einem weitergehenden langwierigen Verfahren weiterverhandelt wird."

Bisher hat die Stadt Bonn die Kosten der Rechtsbetreuung als "Vorschuss" gewährt - "in analoger Anwendung der Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen" gemäß eines Runderlasses des Innen- und Finanzministeriums vom 7. Juli 2008. Dort heißt es unter anderem: "Wird gegen Rechtsschutzsuchende rechtskräftig eine Strafe oder eine Geldbuße verhängt oder das Ermittlungsverfahren nach Paragraf 153a StPO endgültig eingestellt, so ist der Vorschuss oder das Darlehen in angemessenen Raten zu tilgen." Die Angeklagten müssten also den Vorschuss für die Anwaltskosten an die Stadt zurückzahlen. Liegt nur ein "geringes Verschulden" vor, können die Kosten - selbst bei einem Urteil - gegen die Angeklagten dennoch komplett von der öffentlichen Hand übernommen werden. Es handelt sich somit um eine Kann-Bestimmung.

In der Ratsbeschlussvorlage werden die Aussagen des Richters im Saal 0.15 des Landgerichts am 12. Juni zum Anklagepunkt der Untreue von einem städtischen Rechtsberater interpretiert und dessen Interpretation durch den Verfasser der Vorlage gedeutet: "Mit Blick auf die Ausführungen des Vorsitzenden Richters am Landgericht Bonn zu den Anforderungen an den erforderlichen Vorsatz hält der strafrechtliche Berater der Stadt Bonn, Herr Professor Gercke, auch hier eine Verurteilung für unwahrscheinlich."

Wenn die Angeklagten tatsächlich ihre Zustimmung zum Angebot des Gerichts von der Übernahme der Kosten abhängig machen, ergibt sich ein Problem auf der Zeitachse: Am 18. Juni soll der Stadtrat über die 842 225,49 Euro entscheiden, während das Gericht die Zustimmung zu seinem Angebot jedoch schon morgen erwartet.

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