Hoher Sanierungsbedarf Stadt lässt mehr als 30 Häuser in Bonn leer stehen

Bonn · Die Stadtverwaltung startet einen neuen Versuch, ein seit Jahren verwaistes Gründerzeitgebäude in Kessenich abzureißen. Doch die Verwaltung könnte mit dem Abrissplan erneut auf politischen Widerstand stoßen.

Das Gründerzeitgebäude in Kessenich gehört der Stadt seit den 1970er Jahren. Bis 2006 diente es als Übergangswohnheim. Damals gab es Pläne für neue Wohnhäuser entlang der Bahntrasse südlich der Reuterstraße, für die der Altbau weichen sollte. Das Projekt ist bis heute nicht realisiert, und im Haus am Rheinweg wüteten immer wieder Eindringlinge, die sogar Rohre und Heizungen aus den Wänden gerissen haben.

Schon vor vier Jahren schlug die Stadtverwaltung den Abriss vor, da eine Sanierung sich nicht mehr rechne. Das Grundstück sollte zusammen mit umliegendem städtischen Besitz neu bebaut werden – „zumindest längs des Rheinwegs“, wie es in der damaligen Beschlussvorlage hieß. Der Stadtrat machte der Verwaltung allerdings einen dicken Strich durch die Rechnung: Die Mehrheit unterstützte die Forderung der Bezirksvertretung Bonn, das Haus zu erhalten und mitsamt Grundstück zu verkaufen.

Abriss soll 50.000 Euro kosten

Danach ruhte der See lange still. Jetzt unternimmt die Stadt einen neuen Vorstoß: Am 19. Dezember steht der Abriss, der rund 50.000 Euro kosten soll, als Vorschlag wieder auf der Tagesordnung. „Die Stadt hat das Haus mit Absicht immer weiter verkommen lassen, obwohl sie den Mangel an Wohnraum beklagt und in einer anderen Straße in Kessenich für ebensolche Häuser eine Erhaltungssatzung gilt“, kritisiert Holger Schmidt (Linkspartei). Dieses Vorgehen müsse gestoppt werden. Bemerkenswert zudem: Die Beschlussvorlage sollte nur in den Wirtschaftsausschuss gehen und im nicht öffentlichen Teil der Sitzung besprochen werden. Bisher war die Sache immer öffentlich.

Diesmal gab die Stadt den Ratspolitikern eine Zusatzinformation: Man habe das Haus der Spezialeinheit GSG 9 zu Übungszwecken zur Verfügung gestellt, weshalb es „entsprechend verwüstet“ sei. Für Hartwig Lohmeyer ist das aber noch lange kein Grund, den Abriss hinter verschlossenen Türen zu debattieren. „Auf den Auftrag der Bezirksvertretung gab es nie eine Rückmeldung“, kritisiert der Fraktionssprecher der Grünen. „Wir sind überrascht und verärgert über die Informationspolitik der Verwaltung.“ Die Stadt erklärt auf wiederholte GA-Nachfrage, ihr sei bei der Einstufung der Vorlage als „nicht öffentlich“ ein Fehler unterlaufen.

Was entlang des Rheinwegs nach einem Abriss gebaut werden soll, ist noch unklar. Der umstrittene Aldi-Markt, der an dieser Stelle zeitweilig geplant war, soll jetzt auf dem Gelände auf der anderen Straßenseite entstehen. Der Kleingartenverein Bonn-Süd wünscht sich jedenfalls, dass das ramponierte Gründerzeithaus gerettet würde. „Wir glauben, dass sonst eine Riegelbebauung vor unseren Gärten entstehen wird“, sagt Sprecherin Kirsten Treis. Dem Verein gehe es darum, die Zukunft der Anlage als ökologisch hochwertige Grünfläche mit alten Bäumen zu sichern.

Viele kommunale Wohnung rotten vor sich hin

Die Stadt Bonn hätte mit dem Abriss ein Problem weniger, denn die Liste leerer städtischer Gebäude, die vor sich hin rotten, ist ohnehin lang. Die Verwaltung legte die Liste auf Antrag des Bürger Bundes Bonn (BBB) kürzlich im Betriebsausschuss des Städtischen Gebäudemanagements Bonn (SGB) vor – wohl gemerkt im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. „Obwohl bezahlbare Wohnungen und auch Büroflächen fehlen, verharrt die Stadtverwaltung seit Jahren in Untätigkeit“, moniert BBB-Fraktionschef Marcel Schmitt. „Obendrein mietet sie für ihren Eigenbedarf zunehmend fremde Flächen an.“ Die Liegenschaftsverwaltung müsse neu ausgerichtet werden.

Zwölf der leeren Gebäude könnten mit hohen Investitionen für Wohnzwecke hergerichtet werden, teilt das Presseamt offiziell mit. Allerdings fehlt es im SGB sowohl an Personal als auch an Geld. Oberbürgermeister Ashok Sridharan will jetzt offenbar trotzdem handeln. „Der Verwaltungsvorstand wird sich mit der Liste der leer stehenden Gebäude befassen, um eine Strategie für das weitere Verfahren festzulegen“, erklärt Andrea Schulte vom städtischen Presseamt.

Kennen Sie noch weitere leerstehende Gebäude in Bonn? Mailen Sie uns unter dem Stichwort „Leerstand“, mit konkreter Adresse, an die Adresse bonn@ga.de

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