WCCB-Prozess Stadt holt zweites Gutachten wegen Klage gegen Dieckmann ein

Bonn · In der Frage einer Schadensersatzklage gegen Ex-OB Bärbel Dieckmann läuft die Zeit davon. Dennoch möchte die Politik vor einer Entscheidung eine zweite juristische Meinung einholen.

 Die Kongresshalle und das Hotel des Bonner World Conference Center (WCCB).

Die Kongresshalle und das Hotel des Bonner World Conference Center (WCCB).

Foto: picture alliance / dpa

Die Stadt Bonn wird jetzt eine zweite juristische Meinung einholen, ob sich der Aufwand einer Schadensersatzklage gegen die ehemalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) im Zusammenhang mit dem Skandal um das World Conference Center Bonn (WCCB) absehbar lohnt oder nicht. Mit dieser Frage hatten sich die Spitzen der Ratsfraktionen am Donnerstag in einer gemeinsamen Runde befasst, zu der Oberbürgermeister Ashok Sridharan eingeladen hatte.

Stadtdirektor Wolfgang Fuchs hat in Vertretung für den in Kur weilenden OB eine entsprechende Dringlichkeitsentscheidung am Freitagmorgen bereits unterzeichnet, teilte Vizestadtsprecher Marc Hoffmann auf GA-Nachfrage mit. Dem Vernehmen nach sollen drei Kanzleien angefragt werden. Wie berichtet, hatte die Kanzlei, die die Stadt Bonn im verlorenen Schadensersatzprozess gegen den einstigen WCCB-Investor Man-Ki Kim vertreten hat, von einer Schadensersatzklage eher abgeraten. Für die Politiker ein Dilemma: Denn zu einer wesentlich anderen Einschätzung habe die Kanzlei, die im Kim-Prozess die Schuld am Bauskandal ausschließlich dem südkoreanischen Investor zugeschrieben hatte, wohl auch kaum kommen können, war man sich einig.

In dem Schadensersatzprozess gegen Kim hatten die Richter aber geurteilt, dass sie nicht überzeugt seien, „dass sämtliche vertretungsberechtigte Organmitglieder keine Kenntnisse von der mangelnden Finanzkraft des Investors hatten und daher einem Irrtum in Bezug auf dessen Bonität unterlegen sind“. Die Kosten für das WCCB-Projekt, das die Stadt einst keinen Cent kosten sollte und das sie schließlich selbst fertigstellte, belaufen sich heute auf rund 300 Millionen Euro. Der maßgebliche Grund für das Desaster ist, dass der Investor das vereinbarte Eigenkapital nicht nachweisen konnte, aber trotzdem bauen durfte.

CDU-Fraktion erwartet Vorlage

Jetzt drängt die Zeit: Am 30. Juni endet die Verjährungsfrist. Bis dahin muss die Stadt eine mögliche Schadensersatzklage, die sich nicht nur gegen Dieckmann, sondern auch gegen andere Mitglieder des damaligen Verwaltungsvorstands richten soll, beim Verwaltungsgericht Köln erhoben haben. Um den Zeitdruck herauszunehmen, sollen Dieckmann und Co. gebeten werden, noch einmal für eine gewisse Zeit auf eine Verjährungsfrist zu verzichten. Hintergrund für den Zeitdruck: Die Stadt wollte vor einer Entscheidung im Fall der Ex-OB zunächst das Urteil in der Kim-Klage abwarten. Diese Klage hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts am 11. April abgewiesen (der GA berichtete).

Die CDU-Fraktion erwartet nun von der Verwaltung eine Vorlage, „die uns in die Lage versetzt, nach entsprechender Abwägung eine sachgerechte Entscheidung zu treffen“, kommentierte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Horst Gehrmann das Ergebnis der Runde. „Wir wollen damit bei der endgültigen Entscheidung eine solide Grundlage haben“, ergänzte Werner Hümmrich (FDP). Bärbel Richter (SPD) erklärte, sie werde jetzt alle Informationen gemeinsam mit ihrer Fraktion prüfen und danach „unser Verhalten zu einer eventuellen Vorlage der Verwaltung festlegen“. Hartwig Lohmeyer, dessen Grünen-Fraktion maßgeblich eine zweite Meinung eingefordert hatte, sagte: „Die Bürger erwarten von uns, dass wir jedes juristische Mittel nutzen, um den WCCB-Schaden zu minimieren“. Allerdings sehe er ein hohes Prozessrisiko für die Stadt. Wie berichtet, soll die Stadt für den verlorenen Kim-Prozess bereits Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von 800 000 Euro tragen. Dagegen hat sie Streitwertbeschwerde eingelegt.

Michael Faber (Linke) sieht ebenfalls ein hohes Prozessrisiko. Allerdings dürfe die Stadt „mögliche Ersatzansprüche auch nicht leichtfertig verfallen lassen.“ „Es geht darum, dass wir nichts unversucht lassen, um die Verantwortlichkeiten aufzuklären. Das schuldet der Rat den Bonner Bürgern“, meinte Hans-Friedrich Rosendahl (AfB). Marcel Schmitt (BBB) und Felix Kopinski (Sozialliberale) halten eine Bewertung durch eine andere Kanzlei ebenfalls für sinnvoll.

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