Prostitution oder Therapie? Stadt Bonn zeigt Rote Karte für Tantra-Massagen

Bonn · Die Stadt Bonn pocht auf eine Erlaubnispflicht für bordellartige Betriebe. Andernfalls droht die Schließung, wie aktuell ein Fall in Bad Godesberg zeigt.

 Die hawaiianische Lomi-Lomi-Massage oder Shiatsu (im Bild): Viele Masseure bilden sich ständig weiter und erlernen neue Techniken.

Die hawaiianische Lomi-Lomi-Massage oder Shiatsu (im Bild): Viele Masseure bilden sich ständig weiter und erlernen neue Techniken.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Wörtlich übersetzt heißt Tantra so viel wie Kontinuität. In jener Dienstleistungssparte, die sich und ihr Angebot mit dem Begriff aus dem Sanskrit schmückt, stehen die Zeichen in Bonn nun jedoch eher auf Unruhe. Die Stadt zeigt sich nämlich im Umgang mit so genannten Tantra-Massagestudios wenig kooperativ. Anbieter, die den gesetzlichen Auflagen nicht entsprechen, müssen den Betrieb einstellen.

Schauplatz eines aktuellen Falles ist Bad Godesberg. „Den Weg vom Ich zum Wir“ verheißt eine Werbeanzeige und führt zu einem Wohnhaus nahe der Rigal’schen Wiese. Eine einstündige Massage kostet 100 Euro, 90 Minuten 140 Euro – und das Leistungsspektrum reicht noch weiter, wie ein Blick auf die Internetseite zeigt. Dort sieht man auch, dass den Mitarbeiterinnen bei ihrer Tätigkeit offenbar sehr warm wird: Ihre Arbeitskleidung besteht aus knappen Handtüchern. Oder auch etwas weniger.

Bald könnte es mit den Massagen vorbei sein, denn die Stadt sieht keine Rechtsgrundlage für den Betrieb. Offenbar hatten die Inhaber versucht, das vorhandene Studio mittels Bauantrag zu legalisieren. Dem allerdings erteilen Verwaltung und Unterausschuss Bauplanung jetzt eine Absage. Ihre Begründung: Das Vorhaben widerspreche dem geltenden Bebauungsplan. Konkret beruft sich die Verwaltung auf die Rechtsprechung, die schon in einem Mischgebiet „bordellartige Nutzungen“ ausgeschlossen hat. Da es sich im konkreten Fall um ein ausgewiesenes Wohngebiet handelt, gelte jene richterliche Festlegung umso mehr. Deshalb wurde die Baugenehmigung versagt. Andere Vertreter der Rotlichtbranche, die über eine Baugenehmigung verfügen, haben indes Glück: Für sie gilt Bestandsschutz.

Erotische Dienstleistungen im Tantra-Studio

Daran, dass hinter den Türen des Studios mitnichten nur müde Muskelmasse massiert wird, hat die Stadtverwaltung jedenfalls keinen Zweifel: So würden in einem Tantra-Studio auch erotische Dienstleistungen erbracht, legte sie in der Beschlussvorlage für den Fachausschuss dar und ergänzte: „Erotische Massagestudios sind nach allgemeiner Rechtsauffassung regelmäßig als bordellartiger Betrieb anzusehen.“ Und genau für solche Betriebe hat das neue Prostituiertenschutzgesetz empfindliche Veränderungen mit sich gebracht.

Seit es vor einem Jahr in Kraft trat, müssen Betreiber sämtlicher „Prostitutionsstätten“, wie es in dem Gesetz heißt, gewerberechtliche Erlaubnisse beantragen. Der Bonner Stadtverwaltung liegt derzeit ein Dutzend entsprechender Anträge vor, wie Andrea Schulte vom Presseamt auf GA-Anfrage mitteilt. „Zwei Betriebe haben bisher die Erlaubnisse erhalten, bei den anderen laufen die Verfahren.“ Sofern die Betreiber alle Anforderungen des neuen Gesetzes erfüllen – darunter auch die Baugenehmigung – müsse die Stadt die Erlaubnis erteilen. Wie Schulte ferner mitteilt, befinden sich unter den zwölf Antragstellern ein „klassisches Bordell“, mehrere Massagestudios sowie mehrere Wohnungen, in denen eine oder mehrere Prostituierte ihre Leistungen anbieten. Durchs gesetzliche Raster fallen übrigens jene Fälle von Wohnungsprostitution durch Einzelne, bei der kein Dritter an dem Angebot verdient: Sie bedürfen nach dem Prostituiertenschutzgesetzes keiner Erlaubnis.

Betreiber sprechen von therapeutischen Massagen

Unterdessen weist die Chefin des Studios in Bad Godesberg den Verdacht, ein „bordellartiger Betrieb“ zu sein, entschieden von sich: „Wir bieten therapeutische Massagen an, alles weitere ist Auslegungssache“, sagt sie dem General-Anzeiger. Immerhin sei sie seit zehn Jahren an dem Standort, und nie habe es Probleme mit der Nachbarschaft gegeben. Nun will sie mit einem Anwalt gegen die Entscheidung der Stadt vorgehen.

Die Verwaltung hat ihren Blick für das Gewerbe indes offenbar geschärft. „Sobald die Bürgerdienste Kenntnis von zusätzlichen Prostitutionsstätten erhalten, leiten sie Verfahren gegen die Betreiber ein“, sagt Schulte. Entweder sie bemühen sich um die Erlaubnis oder sie müssen den Betrieb einstellen. Nicht zu verwechseln ist die Tantra-Massage übrigens mit der Thai-Massage, die nachweislich Heilwirkung entfaltet und trotz ihrer Jahrtausende alten Tradition nichts mit dem ältesten Gewerbe der Welt zu tun hat. Freunde der Tantra-Massage müssen sich indes um das Angebot in Bonn bis auf weiteres nicht sorgen. Zumindest im Internet sind die Offerten reichlich, und angesichts der angegebenen Adressen könnte sich mancher Bonner wundern, wie intensiv in seinem Viertel massiert wird.

Dabei ist Tantra-Massage nicht gleich Tantra-Massage, worauf übrigens ausgerechnet jener Betrieb eindringlich hinweist, der bei der Verwaltung jetzt den Kürzeren zog. „Um Missverständnisse zu vermeiden“, heißt es auf seiner Internetseite, „möchten wir darauf hinweisen, dass unser Angebot keinen Geschlechtsverkehr beinhaltet und keinerlei sexueller Austausch stattfindet. Wir bitten darum von Nachfragen dieser Art abzusehen. Alle Berührungen während der Massagen sind absichtslos.“

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