Nach überraschendem Defizit Stadt Bonn erhöht Zuschuss an das Beethovenfest

Bonn · Die Stadt Bonn erhöht den Zuschuss an das Beethovenfest für 2018 um 163.000 Euro. Das hat der Finanzausschuss am Donnerstagabend beschlossen.

Das Defizit beim Festival reduziert sich mit dem Beschluss auf rund 500.000 Euro. Intendantin Nike Wagner hat derweil angekündigt, bei ihrem Kurs zu bleiben.

Das verbleibende Defizit, über vor drei Wochen der WDR aufgedeckt hatte, wird nach Angaben der Internationalen Beethovenfeste GmbH „nahezu vollständig durch Mittelvorträge aus Vorjahren“ gedeckt – also Rücklagen aus früheren Überschüssen. Die finanziellen Dissonanzen bei der Stadttochter, an der auch die Deutsche Welle beteiligt ist, dürften damit aber kaum behoben sein: Denn die Kartenerlöse fallen seit Amtsantritt von Intendantin Nike Wagner deutlich.

Der kaufmännische Geschäftsführer Dettloff Schwerdtfeger begründete die Nachforderung an die Stadt im Finanzausschuss mit den hohen Ausgaben im WCCB. Die Schlussabrechnung sei von rund 630.000 Euro im Vorjahr auf 698.000 Euro angewachsen. Dabei seien vor allem Personal- und Sicherheitskosten „dramatisch gestiegen“, so Schwerdtfeger. Die Gründe habe die städtische BonnCC, die das WCCB betreibt, trotz Nachfrage noch nicht erläutert.

Seit 2017 nutzt das Beethovenfest das Kongressgebäude, weil die Beethovenhalle saniert wird. Im WCCB erhält es zwar Mietrabatt, die Kosten sind aber trotzdem höher als in der Beethovenhalle. Die Stadt hat ihren Zuschuss für die Sanierungszeit deshalb ohnehin von 1,6 auf 2 Millionen Euro erhöht; jetzt sind es für 2018 also rund 2,16 Millionen. In diesem Jahr brach aber der Kartenverkauf ein, wie Intendantin und Geschäftsführer schriftlich erklärten: Das WCCB werde von den Zuschauern nicht angenommen. Ob das nicht auch am Programm liegen könne, hakte Norbert Jacobs (CDU) im Finanzausschuss mit leiser Ironie nach.

„Dieser Auffassung sind wir nicht“, betonte Schwerdtfeger. „Frau Wagner hatte den Auftrag, ein neues Profil für das Beethovenfest zu entwickeln, und das tut sie auch.“ In der Tat: Als Nike Wagner 2014 die Intendanz übernahm, war klar, dass sie das Festival künstlerisch anspruchsvoller gestalten will. Das bedeute weniger verkaufte Karten, heißt es in städtischen Unterlagen aus dieser Zeit. Zum Ausgleich sollte verstärkt um Sponsoren geworben werden.

Zahl der Karten ist stetig gesunken

Von 48.000 angebotenen Karten im Jahr 2013 ist die Zahl auf 36.500 im Jahr 2016 gesunken. Nach Schließung der Beethovenhalle waren es im vorigen Jahr laut vertraulicher Papiere noch 28.300 angebotene Karten, von denen 22.100 verkauft wurden. Das Beethovenfest selbst nennt keine Zahlen für einzelne Jahre, spricht von „durchschnittlich 32.000“ angebotenen Karten seit 2017, bei einer Auslastung zwischen 70 und 86 Prozent seit 2014.

Doch es gelingt offenbar nicht, mehr Sponsoren zu begeistern. Die Gesamtsumme stagniert seit Jahren bei rund einer Million Euro (hauptsächlich Post und Telekom); ein Bonner Unternehmer, der mit einer fünfstelligen Summe engagiert war, stieg nach GA-Informationen in diesem Jahr frustriert aus. Schon 2017 war die Gesamtsumme, die Sponsoren, Spender und Stiftungen beisteuerten, laut Stadtunterlagen von 1,64 auf 1,47 Millionen Euro gesunken. Nach eigenen Angaben erhält das Beethovenfest „im Vergleich zu anderen Festivals überdurchschnittlich viele Sponsoring-Zuwendungen“.

Wagner und Schwerdtfeger fällt es zunehmend schwer, einen Teil der Kosten durch Kartenverkauf oder andere Erlöse einzuspielen. Der Deckungsgrad sank 2017 auf nur 16,5 Prozent (Vorjahr: 20,1 Prozent). Hatte das Festival unter Wagners Vorgängerin Ilona Schmiel 2012 Erlöse von etwa 1,5 Millionen Euro, fielen sie bis 2016 auf etwa 800.000 Euro. Im vorigen Jahr brachte der Kartenverkauf noch rund 592.000 Euro – ein Minus von 15 Prozent im Vorjahresvergleich. Auch 2017 hatte das Beethovenfest schon ein Defizit: allerdings nur 4000 Euro.

2019 plant Wagner 14 Veranstaltungen im WCCB. Wie sollen rote Zahlen künftig vermieden werden? „Konservative Wirtschaftsplanung, permanente Verbesserung des Controllings, der Organisationsprozesse und des Marketings“, ließ sie am Freitag ihre Sprecherin antworten. Im Beethoven-Jubeljahr 2020 soll es zwei Festivals geben. Die Planung bewege sich „im Rahmen der aktuellen künstlerischen Ausrichtung“, so die Sprecherin. Die Frage, ob die Rücklagen, mit denen das aktuelle Defizit ausgeglichen wird, für das Programm 2020 reserviert gewesen seien, blieb unbeantwortet. Für 2019 ist ein neuer Bundeszuschuss in Höhe von 400.000 Euro eingeplant – in Abstimmung mit Berlin, wie das Beethovenfest betont. Bonn hofft auf eine dauerhafte Förderung durch den Bund.

Der WDR-Bericht über das Defizit, der wohl auf internen Unterlagen beruhte, wird zum Fall für die Staatsanwaltschaft. „Eine Strafanzeige wird von unserem Rechtsbeistand vorbereitet“, bestätigte die Sprecherin des Festivals. Wagner und Schwerdtfeger haben offenbar den Verdacht, ein Aufsichtsratsmitglied könnte geplaudert haben – eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht laut GmbH-Gesetz.

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