Nach Tod eines Polizisten in Bonn Staatsanwaltschaft skizziert möglichen Tathergang

BONN · Wegen des tödlichen Schusses auf Polizist Julian Rolf Ende November vergangenen Jahres im Polizeipräsidium Bonn ist nun der 23-jährige Kollege und Schütze angeklagt worden. Die Staatanwaltschaft äußerte sich zudem zum möglichen Tathergang.

Im Fall des jungen Polizisten Julian Rolf, der am 26. November 2018 im Bonner Polizeipräsidium von einem Kollegen angeschossen wurde und an den Folgen starb, hat die Bonner Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben.

Der Anklage nach ereignete sich Folgendes: Die damals 22- und 23-jährigen Polizeibeamten waren gemeinsam bei einem Schießtraining, und zwar auf dem Gelände der Bundespolizei in Sankt Augustin. Geschossen wurde nicht mit scharfen, sondern mit sogenannten Rotwaffen – Trainingswaffen, mit denen eine Schussabgabe nicht möglich ist.

Nachmittags ging es zurück ins Polizeipräsidium in Ramersdorf, wo ebenfalls ein Schießtraining auf dem Programm stand, diesmal allerdings mit scharfen Waffen. Dafür mussten sich die beiden Polizisten umziehen und ihre Dienstwaffen holen. Im Zuge dessen soll der Angeklagte einen Schuss auf Julian Rolf abgegeben haben – mit seiner Dienstwaffe. Laut Staatsanwaltschaft „in der irrtümlichen Annahme, es handle sich bei der verwendeten Waffe um eine Rotwaffe“. Der 23-jährige Julian Rolf erlitt einen Halsdurchschuss, an dessen Folgen er am 10. Dezember 2018 verstarb.

Zuständig ist das Bonner Landgericht. Das Strafgesetzbuch sieht für Straftatbestand der fahrlässigen Tötung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. In Strafsachen sind laut Gerichtsverfassungsgesetz die Amtsgerichte zuständig, "wenn nicht die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt". Die Bonner Staatsanwaltschaft sieht sowohl den besonderen Umfang als auch die besondere Bedeutung des Verfahrens als gegeben.

Ein wenig anders stellt sich die Situation erwartungsgemäß auf der Gegenseite dar. Der Anwalt des Tatverdächtigen stimmte dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung auf GA-Nachfrage zwar zu. Die Beschreibung des Tathergangs sei jedoch falsch. Sein Mandant habe den Schuss keinesfalls in einem spielerischen Moment und in der Annahme abgegeben, es handle sich um eine Rotwaffe. Stattdessen habe es sich um eine "unabsichtliche Schussabgabe" aus einem Schockmoment heraus gehandelt. Dennoch: Sein Mandant habe nicht nur über die Familie seines getöteten Kollegen viel Leid gebracht, sondern auch über sich selbst.

Es gibt keine Augenzeugen

Augenzeugen der Tat gab es nicht, zwei Kollegen, die nach GA-Informationen im selben Gang waren, sollen erst nach der Schussabgabe zu dem Verletzten geeilt sein und seine lebensgefährliche Wunde am Hals versorgt haben. An den Folgen der Schussverletzung starb der 23-Jährige rund zwei Wochen später im Krankenhaus. 500 Menschen kamen zur Trauerfeier in Bonn.

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