Schwimmbad, Stadthaus und Stadtverwaltung Der Bonner OB Ashok Sridharan im großen GA-Interview

BONN · Im GA-Gespräch betont Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan, dass bei einem Neubau 14 Schwimmbäder erhalten bleiben. Kritik an der Stadtverwaltung bezeichnet er als ungerechtfertigt.

Ashok Sridharan ist seit fast drei Jahren Bonns Oberbürgermeister. 2020 will sich der 53-Jährige gern zur Wiederwahl stellen. Über die Probleme im Bürgeramt, die Chancen, Diesel-Fahrverbote in der Stadt abzuwenden, und seine immer noch große Lust am Amt sprachen Andreas Baumann, Lisa Inhoffen und Philipp Königs mit ihm.

Herr Oberbürgermeister, man hat den Eindruck, dass Sie derzeit von einem Krisenherd zum nächsten springen. Macht der Job noch Spaß?
Ashok Sridharan: Ich glaube, man sieht mir an, dass mir das Amt noch Spaß macht. Ich komme jeden Tag gerne ins Büro. Es wäre fatal, wenn das nicht so wäre, denn ich bin sieben Tage die Woche für die Stadt unterwegs. Das Pensum würde ich sonst gar nicht schaffen.

Beispiel Bürgerdienste: Die Negativschlagzeilen setzen sich fort. Das ist sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig für einen OB...
Sridharan: Das ist richtig. Für die Kollegen im Dienstleistungszentrum, die gute Arbeit leisten, aber auch nicht. Es war unsensibel, gerade jetzt vor den Sommerferien an einem Tag für einen Betriebsausflug zu schließen. Wenn durch eine IT-Panne für diesen Tag auch noch Termine vergeben werden, ist das sehr unbefriedigend. Wir müssen sicherstellen, dass so etwas nicht wieder passiert und überlegen, wie wir das Angebot im Dienstleistungszentrum verbessern können. Deshalb habe ich gebeten, ein Konzept auszuarbeiten. Darüber habe ich die Mitarbeiter informiert, leider ging das nicht persönlich, sondern nur per E-Mail.

Was erwarten Sie von diesem Konzept?
Sridharan: Vorschläge, wie wir die Öffnungszeiten verlängern können. Mir ist klar, dass wir schon recht ausgedehnte Öffnungszeiten anbieten. Aber gerade vor den Sommerferien und vor Beginn der Semester an den Hochschulen sollte die Verwaltung darüber nachdenken, mindestens an einem zusätzlichen Nachmittag zu öffnen. Wenn wir das Dienstleistungszentrum darüber hinaus am Samstag öffnen, könnten wir den Bürgern ermöglichen, einen Besuch in der Innenstadt mit einem Besuch des Dienstleistungszentrum zu verbinden.

Die Mitarbeiter haben sich auf einer Versammlung gegen eine Änderung der Betriebsvereinbarung ausgesprochen. Wie kann eine Samstagsöffnung dennoch funktionieren? Haben Sie Zusatzkonditionen im Sinn?
Sridharan: Das war von Anfang an mein Vorschlag. Eine Samstagsöffnung kann nur funktionieren, wenn sie auf Freiwilligkeit beruht und zusätzlich vergütet wird. Gezwungen werden soll dazu keiner. Ich habe die große Hoffnung, dass sich Kollegen finden, die dazu bereit sind.

Die bestehenden Personalprobleme löst eine Ausweitung sicher nicht.
Sridharan: Wir evaluieren gerade, ob mehr Stellen notwendig sind, um Rückschlüsse ziehen zu können. Die Ergebnisse wollen wir abwarten.

Der Stadtrat hat eine Schadensersatzklage gegen die ehemalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und städtische Mitarbeiter wegen des WCCB-Bauskandals beschlossen. Sie selbst haben sich bei der Abstimmung enthalten. Was kann ein solcher Prozess bringen?
Sridharan: Es geht einerseits um den teilweisen Ersatz des entstandenen Schadens und andererseits darum, den Sachverhalt aufzuarbeiten, weil bei vielen Ratspolitikern und Bürgern der Eindruck fortbesteht, dass eine Sachaufarbeitung noch nicht in jeder Hinsicht erfolgt ist.

Geht es um politische Schuld?
Sridharan: Es geht nicht um Schuld, sondern darum, aufzuklären, wer welche Entscheidungen veranlasst und wer welche Aufgaben in diesem Projekt übernommen hat. Der Sachverhalt soll gerichtlich festgestellt werden, jenseits strafrechtlicher Verantwortung. Diese Aufarbeitung wird nach meinem Dafürhalten allerdings immer schwieriger, weil wir uns von den Vorfällen zeitlich immer weiter entfernen.

Der Bürgerentscheid zum neuen Wasserlandbad steht bevor. Die Bürgerinitiativen werfen Ihnen immer wieder vor, mit unfairen Mitteln für dieses Projekt zu kämpfen. Was sagen Sie dazu?
Sridharan: Der Vorwurf ist ungerechtfertigt. Es gibt zwei verwaltungsgerichtliche Urteile, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein Oberbürgermeister sich für Projekte einsetzen darf, die er für richtig hält. Ich bin da auch nicht der Einzige. Es gibt eine Mehrheit im Stadtrat, die für das neue Bad gestimmt hat.

Warum halten Sie den Neubau für den richtigen Weg?
Sridharan: Wir erleben, dass unsere Bäder in einem schlechten Zustand sind, so dass wir immer wieder mit Überraschungen konfrontiert werden, die zu Schließungen führen. Uns ist daran gelegen, alle Bäder – bis auf Kurfürstenbad und Frankenbad – in einen Zustand zu versetzen, der einen verlässlichen Betrieb ermöglicht. Dazu gehört ein neues Bad, das multifunktional ist, in das Familien, Schulen, Vereine gehen können und das keinen in der Stadt ausschließt. In Bonn sind momentan Menschen mit Behinderungen ausgeschlossen. Ich will, dass sich das ändert. Das Wasserlandbad soll außerdem einen Wellness-Bereich bekommen. Ich bin der Auffassung, dass eine Stadt mit 327.000 Einwohnern ein Schwimmbad haben sollte, dessen Angebot über das reine Schwimmen hinausgeht.

Die SPD hat einen Neubau auf dem Gelände des geschlossenen Kurfürstenbads vorgeschlagen. Was halten Sie davon?
Sridharan: Lange bevor ich Oberbürgermeister geworden bin, hat es Untersuchungen gegeben, ob ein solches Bad auf dem Areal des Rüngsi-Freibads oder der Rigal'schen Wiese umsetzbar wäre. Diese Pläne sind aus verschiedenen Gründen verworfen worden. Das Gelände im Wasserland eignet sich auch deshalb, weil es gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist – und zwar aus dem gesamten Stadtgebiet. Auch für Schüler ist der Standort in angemessener Zeit erreichbar.

Was passiert, wenn der Bürgerentscheid gegen den Bau ausgeht?
Sridharan: Wir stünden bei null und müssten völlig neu überlegen. Ich will daran erinnern: Der Stadtrat hat ein Gesamtpaket beschlossen. Das Wasserlandbad war nur ein Punkt darin. Wir wollen aber auch das Hardtbergbad modernisieren und die Beueler Bütt. Wir wollen die Bäder in einen Zustand versetzen, auf den man sich verlassen kann. Das kommt auch dem Schulschwimmen zugute. Die Bürgerinitiativen versuchen immer wieder den Eindruck zu erwecken, alle anderen Bäder würden geschlossen. Nein, wir werden weiterhin 14 Bäder im gesamten Stadtgebiet haben.

Es gab kürzlich Irritationen zu einer angeblichen Sportstättennutzungsgebühr. Kommt sie oder kommt sie nicht auf die Vereine zu?
Sridharan: Da hat es tatsächlich Missverständnisse gegeben. Was wir erreichen möchten, ist, dass die Sportvereine, die jetzt schon ein großes ehrenamtliches Engagement an den Tag legen, sich noch ein bisschen mehr um die Anlagen kümmern. Einfach, weil sie näher dran sind als die Verwaltung. Wir wollen auf die Vereine zugehen und das Gespräch suchen. Einige Vereine sind auch auf uns zugekommen und haben von sich aus angeboten, mehr Aufgaben zu übernehmen. Um eine Gebühr geht es also nicht, sondern um mehr Verantwortung auf freiwilliger Basis.

In der freien Kulturszene spart die Stadt ein, während die Hochkultur ziemlich gut ausgestattet ist. Glauben Sie, dass die Bürger das als gerecht wahrnehmen?
Sridharan: Das Kulturangebot, egal, ob frei organisiert oder institutionalisiert, ist eine freiwillige Leistung. Wir müssen auch mit Blick auf das Haushaltssicherungskonzept und unsere damit verbundene Verantwortung gegenüber der Kölner Bezirksregierung jede Ausgabe sorgfältig überlegen und begründen. Der institutionelle Bereich hat schon einen Beitrag zur Einsparung geleistet und wird das auch in der Zukunft tun. Für die freie Szene gilt das gleiche. Nicht alle freien Träger werden die Förderung bekommen, die sie beantragt haben. Aber die Verwaltung wird einen Vorschlag unterbreiten und mit der Politik abstimmen, wie mit den diversen Anträgen umgegangen werden kann.

Bei der Oper steht die Frage im Raum, ob der Altbau instand gesetzt wird oder ein Neubau auf dem Gelände der Stadthalle sinnvoller ist. Wie ist Ihre Haltung?
Sridharan: Bis nach der Sommerpause untersuchen wir, was die wirtschaftlichste Variante ist. Daran arbeitet die Verwaltung mit Hochdruck. Ich kann mir eine Sanierung ebenso gut vorstellen wie einen Neubau in Bad Godesberg. Letztere Variante hätte den Charme, dass man ein Mehrspartenhaus baut und die Kammerspiele für Zwecke nutzen könnte, die tagsüber mehr Leben in die Innenstadt bringen. Zum Beispiel als Versammlungshalle.

Kann die Stadtverwaltung einen Neubau überhaupt vertreten?
Sridharan: Für solche Projekte gilt grundsätzlich: Die Baukosten machen 20 Prozent der Kosten aus, 80 Prozent die Betriebskosten. Wenn ein Neubau unterm Strich also wirtschaftlicher ist, können wir diese Ausgaben auch gegenüber der Bezirksregierung erklären.

Gilt diese Rechnung auch für das sanierungsbedürftige Stadthaus?
Sridharan: Natürlich. Aber beim Stadthaus fehlt es aus meiner Sicht an geeigneten Ersatzflächen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, mit der Verwaltung beispielsweise ins ehemalige Landesbehördenhaus an der B 9 umzuziehen, weil mir die Lage dort zu wertvoll ist. Für dieses Grundstück stelle ich mir ein Unternehmen und Büroflächen vor, die wir dringend brauchen. Eine Sanierung des Stadthauses erscheint mir mit Blick auf den hohen Restbuchwert von knapp 30 Millionen Euro sinnvoller als ein Neubau. Ein externes Büro soll dazu ein Wirtschaftlichkeitsgutachten erarbeiten.

Wann könnte es losgehen?
Sridharan: Die Planungsmittel stehen in den nächsten beiden Jahren zur Verfügung, so dass eine Sanierung oder ein Neubau 2021 oder 2022 beginnen könnte.

Sie sprachen eben über mehr Büroflächen im Bundesviertel. Wie wollen Sie die Verkehrsprobleme dort in den Griff bekommen?
Sridharan: Zurzeit wird die Rahmenplanung für das ehemalige Bundesviertel erstellt. Ziel ist, herauszufinden, an welchen Stellen Gebäude weiter in die Höhe gebaut werden können. Auf Grundlage dessen ist eine Verkehrsplanung erforderlich. Wir müssen letztlich in mehreren Kategorien denken, um der Verkehrsprobleme Herr zu werden.

Die wären?
Sridharan: Wir wollen mit Unternehmen über Mobilitätskonzepte nachdenken, die zu weniger Individualverkehr führen. Während der Klimakonferenz sind große Staus ausgeblieben, weil Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten und -modelle eingerichtet haben. Auch wenn das natürlich nicht dauerhaft möglich ist, brauchen wir künftig mehr Flexibilität. Zugleich prüfen wir, inwiefern Taktverdichtungen bei Bahnen und Bussen sinnvoll sind. Beim Verkehr der Deutschen Bahn ist die Stadt auf die Verbundpartner angewiesen. Das Fahrrad wird ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Durch den Bau der Haltestelle UN-Campus haben wir schon Verbesserungen erreicht.

Zum Ende des Jahres will das Kölner Verwaltungsgericht über mögliche Diesel-Fahrverbote in Bonn entscheiden. Glauben Sie, dass die Luftreinhaltewerte in der Stadt auch ohne Fahrverbote eingehalten werden können?
Sridharan: Wir sind an dem Thema dran und froh, dass wir als „LeadCity“ dem Bundesumweltministerium Maßnahmen für saubere Luft vorschlagen durften. Ich könnte mir vorstellen, dass es uns gelingen kann, mehr Leute zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad zu bewegen. Schnell wirken könnte eine Steigerung der Attraktivität für den ÖPNV durch Taktverdichtungen, aber auch der Start des für September geplanten Fahrradmietsystems. Um die Radinfrastruktur zu verbessern, kann ich mir vorstellen, die Kaiserstraße zur Einbahnstraße Richtung Innenstadt zu machen und dort einen schönen breiten Fahrradweg zu bauen.

Zurück zu den Krisenherden. Die Uniklinik will auf dem Areal der früheren Poliklinik Wohnungen für Auszubildende und Pfleger errichten. Dort wollte die Stadt aber Sozialwohnungen bauen. Hat Sie die Wende des Ärztlichen Direktors Wolfgang Holzgreve überrascht?
Sridharan: Ich wusste, dass Professor Dr. Holzgreve dringend Wohnmöglichkeiten für Krankenpfleger benötigt. Allerdings war mir nicht bekannt, dass er die ehemalige Poliklinik vorgesehen hat. Wir sind ja seit Jahren im Gespräch mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW als Eigentümer und der Uniklinik. Wir werden Vorschläge unterbreiten, wo wir das Schwesternwohnheim für möglich halten. Die ehemalige Diplomatenschule in Ippendorf wäre eine Idee. Wir haben als Stadt noch weitere Vorschläge für alternative Flächen, über die wir mit der Uniklinik sprechen wollen.

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