Bundesamt für Justiz und Amtsgericht Bonn So soll Bonn gegen Hass im Netz kämpfen

BONN · Wenn am 1. Oktober das Gesetz gegen Hass im Netz in Kraft tritt, ist man beim Bundesamt für Justiz (BfJ) gerüstet. Das teilte das BfJ nun mit. Anders sieht das beim Amtsgericht in Bonn aus.

 Heinz-Josef Friehe, Präsident des Bundesamts für Justiz (BfJ), und Frauke Bachler, Leiterin des Aufbaustabs, erläutern Staatssekretär Gerd Billen, wie das BfJ seine neuen Aufgaben aus dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz organisiert hat.

Heinz-Josef Friehe, Präsident des Bundesamts für Justiz (BfJ), und Frauke Bachler, Leiterin des Aufbaustabs, erläutern Staatssekretär Gerd Billen, wie das BfJ seine neuen Aufgaben aus dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz organisiert hat.

Foto: Bundesamts für Justiz

Fast 40 Stellen hat der Bund dem Bundesamt für Justiz (BfJ) genehmigt für die neue Aufgabe, Hass im Netz zu bekämpfen. Gut gerüstet sei man dort. Doch beim Bonner Amtsgericht, das in strittigen Fällen für eine Prüfung eingeschaltet werden soll, ist man weit entfernt davon, gerüstet zu sein. Wie Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann auf GA-Anfrage erklärt, sei überhaupt nicht absehbar, in welchem Umfang Verfahren auf das Gericht zukommen. Und auch die Verfahrensabläufe seien noch ungeklärt, da es keine gesetzlichen Grundlagen gebe. So stelle sich die Frage: Soll die Prüfung zur Rechtswidrigkeit von Kommentaren im Netz mündlich oder auf schriftlichem Wege erfolgen?

Fest steht für die Richterin jedoch: Es werden teilweise schwierige rechtliche Entscheidungen zu treffen sein. Denn es sei ein Unterschied, ob jemand eine Politikerin eine Schlampe nenne – eindeutig eine Beleidigung – oder ob ein Gedicht wie das von Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten zu bewerten sei. Dass ihr Amtsgericht die neue Aufgabe nur mit mehr Personal bewältigen kann, steht für sie fest.

„Doch wir werden erst personelle Verstärkung bekommen, wenn klar wird, was auf uns zukommt“, sagt Niepmann. Und das stelle sich wohl frühestens Anfang nächsten Jahres heraus, da den sozialen Netzwerken eine Frist von drei Monaten eingeräumt sei, um ihr Beschwerdemanagement auf stabile Füße zu stellen.

Nötige Unterstützung ist gekommen

Klar ist für Niepman aber auch: Mit ein oder zwei neuen Richterstellen ist es nicht getan. Denn wer die Vorabprüfung gemacht und ein Bußgeld bejaht hat, kann nicht später auch zuständig sein für einen mehr als wahrscheinlichen Einspruch im Bußgeldverfahren, in dem es immerhin um Millionen geht. „Wir müssen uns rüsten“, sagt die Direktorin und fügt zuversichtlich hinzu: „und wir gehen davon aus, dass wir die nötige Unterstützung bekommen.“

Die bekam nun auch das Bundesamt – zusätzlich zur personellen Verstärkung: Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, informierte sich in Bonn persönlich vor Ort über den Aufbau der Organisationseinheiten und die geplanten Verfahrensabläufe. Und der Präsident des BfJ, Heinz-Josef Friehe, betonte: „Wir sind personell, sachlich und fachlich gut vorbereitet. Die Zeit war knapp, aber entsprechend groß war das Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch ein elektronisches Ablagesystem für die eingehenden Beschwerden wird rechtzeitig in Betrieb gehen.“

Staatssekretär Gerd Billen zeigte sich zufrieden und erklärte: „Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Hasskriminalität und strafbaren Fake News in sozialen Netzwerken.“ Plattformbetreiber dürften nicht länger zulassen, dass ihre Infrastruktur zur Begehung von Straftaten missbraucht würden.

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