VW Passat: Evolution statt Revolution

Mit einem zu erwartenden Dieselanteil von rund 70 Prozent ist der VW Passat so etwas wie die graue Eminenz unter der Deutschen liebsten Dienstwagen.

VW Passat: Evolution statt Revolution
Foto: Werksfoto

Mit einem zu erwartenden Dieselanteil von rund 70 Prozent ist der VW Passat so etwas wie die graue Eminenz unter der Deutschen liebsten Dienstwagen. Dazu passend setzen die Macher des Wolfsburger Mittelkassemodells bei der Stufenheck-Limousine und dem Kombi eher auf eine Neuinterpretation des Gewohnten als auf den Bruch mit lieb gewonnenen Traditionen.

Aus dem VW-Regal stehen zurzeit vier Benziner-, vier Diesel- und ein Gastriebwerk in einer Leistungsbandbreite von 77 kW/105 PS bis 155 kW/210 PS zur Fortbewegung bereit. Vorgesehen ist noch ein 3,6-Liter-V6-Benziner mit 221 kW/300 PS. Die Preise fangen bei 24 425 Euro für den 1,4-Liter-TSI an.

Die "Evolution statt Revolution" fängt vorne an: bei der Frontpartie. Anders als der neuerdings wieder grimmiger dreinblickende Golf hat der Passat vier Querspangen am Kühlergrill. Und statt der im Vorgängermodell noch leuchtenden Doppel-Kulleraugen besitzt er nun eckige Polygon-Frontscheinwerfer. "Innovationen aus der Oberklasse in die Mittelklasse hineintragen" wollen die Konzernverantwortlichen nach eigenem Bekunden.

Und genau so wie ein Oberklassenfahrzeug fährt sich der neue Passat jetzt auch. Und nicht nur die insgesamt wertiger wirkenden Materialien im Innenraum verraten auf den ersten Blick, dass unter dem anthrazitfarbenen Blech-Anzug des zur ersten Ausfahrt bereitstehenden 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesels mit 103 kW/140 PS die Seele eines diskreten, aber bei Bedarf auch entschlossen auftretenden "Handlungsreisenden" steckt.

Ein Gefühl, das sich schon beim Erstkontakt zwischen Mensch und Maschine vermittelt: Das neu gestaltete, griffige Lenkrad liegt trotz seines eher repräsentativen Ausmaßes gut in der Hand. Eine großflächige Fensterleiste gewährt gute Rundumsicht nach allen Seiten. Und wo das menschliche Auge nicht hinsieht, greift ein Toter-Winkel-Assistent, um im Falle eines sich beim Spurwechsel im "toten Winkel" anschleichenden Fahrzeuges akustisch und optisch Alarm zu schlagen.

Durch weitere Sicherheitsvorkehrungen wie die City-Notbremsfunktion "Front Assist" oder den Spurhalteassistent, der bei Bedarf durch dezenten Lenkradeingriff den Fahrer auf den Pfad der Tugend zurückführt, dürften auch längere Fahrten zum Vergnügen werden.

Davon abgesehen ist und bleibt auch der neue Passat Variant anders als andere entfernte Klassenkameraden wie der BMW 3er Touring oder Audi A4 Avant sich selbst treu: ein Kombi der alten Schule. Und das ist auch Absicht. Das neue Wolfsburger Mittelklassemodell ist weder optisch noch fahrdynamisch auf Krawall gebürstet, sondern fällt bei der ersten Ausfahrt in erster Linie als "Leisetreter" auf.

Fast schon "himmlischen Frieden" verschafft den Insassen des Testfahrzeugs die Verwendung der neuartigen, im Armaturen- und Türbereich verbauten Dämmstoffe sowie eine akustische Spezialfolie hinter der Windschutzscheibe, die besonders auf Langstrecken nervtötende Außen- und Motorgeräusche herausfiltern soll. Beides funktioniert so gut, dass die ungewohnte Ruhe beim Fahren fast schon gespenstisch wirkt.

Für Vortrieb sorgen vier Zylinder mit dem Zusatz "Blue Motion"-Technik. Und weil "öko" vernünftig ist, haben die Wolfsburger ihrem Mittelklassemodell ein zuverlässig arbeitendes Start-Stopp-System und Bremsenergierückgewinnung für alle Turbodiesel spendiert. Dies senkt den ohnehin schon moderaten Verbrauch des Vorgängermodells im Schnitt noch mal um einen Liter, im 1,6-Liter-Basisdiesel liegt der Normwert bei nur 4,2 Litern Diesel pro 100 Kilometer. Es wundert allerdings, dass ausgerechnet der im Flotten- und Mietgeschäft so beliebte 1,4-Liter-Basisbenziner mit 90 kW/122 PS als einziger seiner Familie nur gegen Aufpreis mit den beiden "Spritsparhelfern" angeboten wird. Vermutlich haben hier auch preispolitische Überlegungen eine Rolle gespielt, um den Einstiegspreis von 24 425 Euro für die Limousine und 25 425 Euro für den "Variant" beinahe in Kompaktwagenregion zu drücken.

Aber der Passat kann auch anders. Schnelle Lastwechsel? Enge Kurven? Kein Problem. Die Gänge der serienmäßigen Sechsgang-Handschaltung lassen sich leichtgängig wechseln. Noch schneller und schicker geht es unter Verwendung der Schaltwippen mit dem aus dem VW Golf bekannten Doppelkupplungsgetriebe. Dies ist serienmäßig leider nur in der Topmotorisierung mit 3,6-Liter-V6-Benzinmotor und 221 kW/300 PS zu haben. Letztere soll erst zu einem späteren Zeitpunkt auf den Markt gebracht werden.

Für sein Geld von mindestens 24 425 Euro bekommt der Kunde so viel "echten" Kombi wie wohl nirgends sonst auf dem deutschen Markt - von Volvos V 70 vielleicht einmal abgesehen. So ist und bleibt der Passat auch in seiner siebten Auflage das, was er irgendwie immer schon war und vermutlich noch länger als einen Modellzyklus bleiben wird: ein uneingeschränkt langstreckentaugliches Fahrzeug.

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