Zustandsnoten von Bundesanstalt So marode sind die Brücken in Bonn und der Region

BONN/REGION · Die Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) hat den Zustand deutscher Brücken kontrolliert. Welches Zeugnis die Experten den Bauwerken in Bonn und der Region ausschreiben, lesen Sie hier.

Keine vier Monate ist es her, dass die vierspurige Morandi-Brücke in Genua in sich zusammenstürzte. 43 Menschen kamen am 14. August ums Leben, mehr als 650 Personen verloren ihr Obdach. Unter anderem, damit eine solche Tragödie nicht auch in Deutschland passiert, überprüft die Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) regelmäßig den Zustand der Brücken in der Bundesrepublik.

Die jüngsten Daten, im November veröffentlicht, schreiben den Bauwerken in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ein durchwachsenes Zeugnis aus - nur die wenigsten der 346 Bauwerke (147 in Bonn, 199 im Kreis) beziehungsweise Bauwerksabschnitte genügen höchsten Ansprüchen. In ihrer Analyse vergibt die Bast je nach Zustand Noten von 1,0 bis 4,0, wobei 1,0 bis 1,4 für einen sehr guten, 1,5 bis 1,9 für einen guten, 2,0 bis 2,4 für einen befriedigenden, 2,5 bis 2,9 für einen ausreichenden, 3,0 bis 3,4 für einen nicht ausreichenden und 3,5 bis 4,0 für einen ungenügenden Zustand stehen.

Aufgrund der vergebenen Noten wird dann der weitere Erhalt der Bauwerke geplant. "Die bei der Bauwerksprüfung gegebenenfalls festgestellten Schäden werden je nach Dringlichkeit sowie Art und Umfang umgehend bis mittelfristig im Rahmen des Erhaltungsprogramms behoben, was zu einer Verbesserung der Zustandsnote außerhalb des Prüfzyklusses führt", teilt die Bast mit.

Mit der Brücke über die Autobahn 555 an der Oppelner Straße und der Unterführung der B56 am Mühlenbach erhielten nur zwei Brücken auf Bonner Stadtgebiete die Note sehr gut. Besorgniserregender ist etwa die Brücke über die A565 an der Kölnstraße in Bonn-Auerberg. Sowohl die Taxi-, als auch die Fahrspur schnitten nicht ausreichend ab. Zur Erklärung der Unterteilung der Fahrstreifen: Die Bast erfasst in ihrer Untersuchung jedes Teilbauwerk einer Brücke. Unter anderem daher rührt auch die hohe Anzahl an Bauwerken (siehe oben).

Die Grafik zeigt, dass nicht nur an der Kölnstraße früher oder später etwas passieren muss. Erhöhter Handlungsbedarf besteht laut Bast bei Brücken, die eine Note von 3,0 oder schlechter erhalten, insbesondere bei denjenigen, die mit 3,5 und schwächer benotet sind. Die Bast weist allerdings daraufhin, dass eine solche Bewertung zwar einen "ungenügenden Bauwerkszustand" und "erheblich beeinträchtigte oder nicht mehr gegebene Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit" bedeutet, eine solche Note aber auch daher rühren kann, dass etwa Gitterstäbe im Geländer fehlen. Überspitzt gesagt: Eine solche Brücke steht nicht unbedingt kurz vor dem Zusammenfall.

Vielleicht nicht kurz vor dem Zusammenfall, aber in ungenügendem Zustand ist der Überweg am Siefenbach in Lohmar. Mit einer Zustandsnote von 3,5 bescheinigen ihr die Experten den schlechtesten Zustand in Bonn und der Region. Dass es auch deutlich besser geht, wurde ebenfalls in Lohmar festgestellt: Die Überführung am Auelbach schnitt zumindest teilweise sehr gut und in keinem Abschnitt schlechter als befriedigend ab.

Doch warum sind die Brücken in ganz Deutschland und auch in der Region teilweise so marode? Das NRW-Verkehrsministerium macht dafür in Antwort auf eine GA-Anfrage im Wesentlichen eine Ursache aus: Die Brücken wurden schlicht nicht für die Belastungen konzipiert, denen sie jetzt tagtäglich ausgesetzt sind. Bis etwa Ende der 1970er Jahren seien Straßenbrücken hierzulande für deutlich weniger Verkehr konzipiert worden, heißt es aus dem Verkehrsministerium weiter. Erst danach seien Verkehrsprognosen genauer geworden. Der Verkehr habe sich jedoch im Durchschnitt seitdem verdreifacht. Ende der 1950er Jahre betrug das zulässige Gesamtgewicht für Lkw noch 24 Tonnen, heute sind es 44 Tonnen im kombinierten Güterverkehr.

"Nicht nur im Bereich der Bundesfern- und Landesstraßen, sondern auch im Bereich der Kommunalen Straßen ist die Brückeninfrastruktur bundesweit an vielen Stellen früher an ihre Lebensgrenze gestoßen, als dies zu erwarten war", so Leonie Molls aus dem Pressebüro von Verkehrsminister Hendrik Wüst. Die Landesregierung werde in den kommenden Jahren "Rekordsummen" in Erhalt, Modernisierung und bedarfsgerechten Ausbau der Straßen und Brücken investieren. Zuständig für die Nachrechnung und Ertüchtigung de Brücken sei grundsätzlich der Landesbetrieb Straßenbau NRW. Das Ministerium verweist auf dessen seit 2011 bestehende Projektgruppe Brückennachrechnung.

Dass sich in Bonn und der Region in Sachen Brücken einiges tun wird, ist spätestens seit diesem Sommer klar. Ab 2028 soll die Bonner Nordbrücke durch einen Neubau ersetzt werden. Die Auswertung der Bast zeigt: Auch an vielen kleineren Bauwerken stehen in absehbarer Zeit wohl Bauarbeiten und Instandsetzungen an.

Info:Die kompletten, deutschlandweiten Daten finden Sie hier.

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