Ein Ehepaar, zwei Mokicks So läuft Zweiradliebe Ost und West

RÖTTGEN · Beide sind im Jahr des Berliner Mauerfalls geboren, nur ein paar Monate vor dem historischen 9. November. Aufgewachsen danach im "einig Vaterland". Und trotzdem haben Florian und Viktoria Neupert (beide 26) ganz unterschiedliche Vorlieben, was so ihre fahrbaren Untersätze angeht.

"Ossi" Florian aus dem Thüringer Wald fährt natürlich Simson, das DDR-Mokick S 50. "Wessi" Viktoria hat von ihrem Vater das BRD-Modell einer Kreidler Florett bekommen, das seit Ende der 70er Jahre in Familienbesitz ist. "Mein Vater fuhr sie damals, ich saß immer mit drauf", erinnert sich die 26-Jährige.

Ebenso ist ihr heutiger Ehemann mit seiner Simson im Osten aufgewachsen. "Dieses Mokick gehört zu meiner Jugend", berichtet er. Nachdem ihm die alte Maschine 2006 aus einem Schuppen gestohlen wurde, kaufte er sich jetzt eine neue, ließ sie überholen und neu lackieren. Die Kreidler dagegen ist noch so, wie sie vor Jahren war - unrestauriert eben, aber im Originalzustand. Die Sitzbank hat ihre besten Tage hinter sich.

"Das ist authentisches Fahren, so wie damals", findet Florian. "Uns reizt nicht das Tempo, sondern dass es Originale aus ihrer Zeit sind", ergänzt Viktoria. Und ganz besonders freuen sie sich, wenn die Leute ihnen hinterher gucken, wenn sie mit ihren Zweirädern in Richtung Vorgebirge unterwegs sind - ohne dass sie den familiären Hintergrund der beiden kennen.

Die deutsch-deutsche Ehe kam über die Berufsausbildung zustande. Beide lernten Goldschmied, liefen sich 2008 in Idar-Oberstein über den Weg, wo sie im selben Ausbildungsbetrieb arbeiteten. Seit 2009 sind sie ein Paar, seit diesem Sommer verheiratet. Und gemeinsam betreiben sie seit drei Jahren als Selbstständige ihr Geschäft am Schlossplatz.

Kleine Unterschiede

Doch es gibt kleine Unterschiede, wie Ost und West mit ihren "heißen Kisten" fahren. Florian hat eine Fußschaltung, Viktoria schaltet mit der Hand. Er hat eine 12-Volt-Stromversorgung, sie mit der 6-Volt-Anlage ein eher funzeliges Licht und auch noch keinen Blinker.

Das Mopedfahren hat beide schon vor langer Zeit in den Bann gezogen. Florian war in seiner Jugend immer auf zwei Rädern unterwegs, seine Frau fuhr mit 15 ein Mofa, danach Motorroller. Was sie an den alten Modellen schätzen: "Sie laufen so zuverlässig wie ein Uhrwerk, und man kann noch selbst dran schrauben."

Beide Fahrzeuge verbrauchen übrigens weniger als drei Liter pro 100 Kilometer. Und welche ist die schnellere? Das ist das Ost-Modell, sagen die beiden jungen Leute: Die Simson ist zugelassen bis 60 Stundenkilometer, die Kreidler nur bis 40 Stundenkilometer.

Und auch wenn das Ehepaar sonst ein Herz und eine Seele ist, jeder nimmt lieber sein eigenes Gefährt. Auch wenn Viktoria sagt: "Zur Wiedervereinigung darfst Du mal mit meiner Maschine zehn Kilometer fahren."

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