Bis zu 40 Grad möglich So geht Bonn mit der Hitzewelle um

Bonn · Die Temperaturen in Bonn steigen weiter an: Tierheime schützen ihre Vierbeiner, Getränkehändler rechnen mit einem Kundenansturm und die Nachfrage nach Ventilatoren steigt. Und dann sind da noch die, die bei der Hitze ihre Arbeit im Freien verrichten müssen.

Die Biergärten und Eisläden sind voll, in den Schwimmbädern herrscht Hochkonjunktur, und wer keine Klimaanlage am Arbeitsplatz hat, stöhnt unter der Hitze. So oder so ähnlich darf man sich wohl die aktuelle Woche in Bonn und der Region vorstellen.

Tierheime schützen ihre Vierbeiner, Getränkehändler rechnen mit einem Kundenansturm und die Bonner Uni erweitert die Gleitzeit. Und dann sind da noch die, die bei der Hitze ihre Arbeit im Freien verrichten müssen.

Besonders hart trifft es Bauarbeiter und Handwerker, „denn für sie gibt es kein Hitzefrei wie für die Schüler“, sagt Ronald Pietsch. Er ist Leiter des Projekts „Urban Soul“ des Düsseldorfer Investors „die developer“, der derzeit ein Hotel und Geschäftsgebäude auf dem ehemaligen Nordfeld sowie gegenüber entlang der DB-Gleise ein Parkhaus errichtet. Pietsch beschäftigt sich vielmehr mit der Frage, wie man bei den heißen Temperaturen verhindert, dass der frisch gegossene Beton zu schnell aushärtet – dann reißt er nämlich.

Um die Bauarbeiter macht er sich keine Sorgen. „Es sind viele unter ihnen aus südlichen Gefilden, sie sind Hitze gewöhnt.“ Sie achteten auch darauf, genügend zu trinken. „Es sind schließlich erwachsene Männer.“ Die Planer, die in den Containern auf der Baustelle sitzen, kämen morgens etwas früher, weil sich die Container in der Sonne schnell aufheizen.

Der Landesbetrieb Straßenbau NRW ist da fürsorglicher: „Wir haben spezielle Sonnencreme extra für Arbeiten im Freien“, erklärt eine Sprecherin. Neben der Arbeitskleidung mit Sonnenschutz gebe es mehrere Sorten Kappen und Hüte mit Nackenschutz. „Die sind jetzt nicht schick, aber sinnvoll.“

Auch die Mitarbeiter von Bonnorange haben mit der Hitze zu kämpfen. Was die Situation fast unerträglich macht: Wer bei der Müllabfuhr arbeitet und im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs ist, muss reflektierende Schutzkleidung tragen. „Wir dürfen zwar T-Shirts anziehen, die langen orangefarbenen Hosen sind allerdings Pflicht, um gesehen zu werden“, sagt Heinz-Bert Kluth von Bonnorange. Viel trinken sei Pflicht, weshalb die Mitarbeiter Wasserflaschen gestellt bekämen. „Zudem sollen sie häufiger eine Pause an schattigen Plätzchen machen.“ Die beste Methode sei allerdings, früh genug anzufangen, um der Mittagshitze zu entgehen. Deswegen legen viele den Dienstbeginn zwischen 5 und 6 Uhr. Die Fahrzeuge seien zudem klimatisiert.

Zusätzliche Wasserflaschen stellen auch die Stadtwerke Bonn (SWB) ihren Bus- und Bahnfahrern, so Sprecherin Veronika John. Die Busse haben, anders als die meisten Bahnen, eine Klimaanlage. Die funktioniert aber nur begrenzt, da die Türen ständig öffnen. Von den rund 190 Bussen verfügt nur ein Teil über eine klassische Klimaanlage, die nur noch in den älteren Modellen zu finden ist und Kälte mittels eines Kompressors erzeugt. Der Rest ist lediglich mit leistungsschwächeren, aber dafür klimafreundlicheren Kühlmodulen ausgestattet.

In den Krankenhäusern stellen sich die Notaufnahmen auf mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein. „Man sollte bei Unwohlsein sofort einen Arzt aufsuchen und das nicht nur auf die Hitze schieben“, sagt Katharina Müller-Stromberg. Die Pressesprecherin des Gemeinschaftskrankenhauses Sankt Petrus berichtet von einem Fall, der wegen angeblich Hitze bedingten Unwohlseins die Notaufnahme aufgesucht, tatsächlich aber einen Herzinfarkt hatte. Das Krankenhauspersonal achte zudem darauf, die Patienten möglichst in den Sonnen abgewandten Zimmern unterzubringen. Zugenommen hätten auch die Magen-Darm-Erkrankungen. Müller-Stromberg rät, sorgfältig mit Lebensmitteln umzugehen und nichts in der Sonnen stehen zu lassen.

Bonns größter Getränkehändler hat für den zu erwartenden Kundenansturm vorgesorgt. „Das merken wir natürlich sofort,“ sagt Inhaber Werner Vendel. „Unser Spendenwasser haben wir zügeweise eingelagert.“ Die Rede ist von der Hausmarke „Saint Marcel“ – je Kiste werden 20 Cent an das GA-Weihnachtslicht und an die Bonner Bürgerstiftung gespendet. Noch sei es aber zu früh, abzusehen, wie groß der Ansturm auf die Wasservorräte tatsächlich ausfallen werde. Das zeichne sich erst nach ein paar Tagen Hitze ab. „Dann steht das Telefon nicht mehr still.“ Besonders hart treffe es aber „die Jungs da draußen“ – also die Mitarbeiter, die täglich kistenweise Getränke auslieferten. „Das ist harte Arbeit.“

Nur die wenigsten Gebäude der Bonner Uni hat Klimaanlagen – dementsprechend warm ist es in den Gebäuden. „Wir sitzen direkt unter dem Dach und kommen ganz schön ins Schwitzen“, sagt Uni-Sprecher Klaus Herkenrath. Aber auch in anderen Büros und Hörsälen sei es sehr warm. „Mitarbeiter, Studenten und Professoren stehen unmittelbar vor der Klausurphase, da müssen sie jetzt durch.“ Aber wenigstens die Gemäuer der alten Unigebäude halten die Hitze teilweise ab. Für die Verwaltungsmitarbeiter gilt ab sofort ein veränderte Gleitzeitregelung: Statt um 7 dürfen sie nun um 6 Uhr anfangen. „In Ausnahmefällen ist auch das Arbeiten im Home Office möglich.“

Die Zusteller der Deutschen Post leisten Schwerstarbeit. „Die Kunden erwarten, dass wie gewohnt zugestellt wird,“ erklärt Pressesprecherin Christina Müschen. „An unserem Zustellauftrag ändern wir deshalb nichts.“ Den Post- und Paketboten im Außendienst stehe aber zumindest Funktionskleidung zur Verfügung, ausreichend Trinkwasser werde bereitgestellt. Ansonsten gelte der reguläre Schichtbetrieb.

Nicht nur Menschen, auch Haustiere leiden unter der Hitze. Ausreichend Flüssigkeit ist überlebenswichtig, um die Tiere vor Austrocknung und einem lebensbedrohlichen Anstieg der Körpertemperatur zu schützen. Im Bonner Tierheim Albert Schweitzer stellt man sich darauf ein: „Für die Hunde stellen wir zum Beispiel Planschbecken auf“, erzählt Mitarbeiterin Nicole Joußen. „Sonnensegel spenden Schatten.“ Und für Kleintiere werde man feuchte Tücher aufhängen. Für Besucher bleibt das Tierheim vorerst geschlossen. Das schütze die Tiere vor zusätzlichem Stress.

Nachfrage nach Ventilatoren nimmt zu

Fast schon naturgemäß lässt die Hitze die Nachfrage nach Ventilatoren steigen. Während des Sommers 2018 waren Geräte, die eine kühle Brise verschaffen, deutschlandweit so gut wie ausverkauft. Auch in Bonn und der Region bekamen die Elektronikmärkte die hohe Nachfrage zu spüren. Einen Engpass wie im Vorjahr scheint man aktuell aber noch nicht befürchten zu müssen.

(mit afp-Material)

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