Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt So dreist wurde bei der Führerscheinprüfung getrickst

Bonn · Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen sechs Führerschein-Prüflinge. Sie sollen mit versteckten Kameras bei der theoretischen Prüfung gepfuscht haben. Ihnen drohen bis zu zwei Jahre Haft - wenn es sich denn wirklich um eine Straftat handelt.

Eine ganz besondere Masche des Schummelns bei der theoretischen Führerscheinprüfung hat in Bonn die Strafverfolgungsbehörden auf den Plan gerufen: Weil pfuschende Prüflinge dabei erwischt wurden, wie sie sich unter der Kleidung versteckter elektronischer Apparaturen bedienten und so die Hilfe von Komplizen außerhalb des Prüfungsraums in Anspruch nahmen, hat die Bonner Staatsanwaltschaft nun in sechs Fällen Anklage erhoben. Das bestätigte Behördensprecher Sebastian Buß auf Anfrage.

Drei Verfahren gegen zwei Männer und eine Frau stehen demnächst beim Bonner Amtsgericht an, erklärte deren Sprecherin Gabriela Wester. Zwei weitere sind ebenfalls anhängig, ein Prüfling sitzt demnächst im Amtsgericht Siegburg auf der Anklagebank.

Allerdings wird den Angeklagten nicht Betrug vorgeworfen. Da es nicht um Vermögensdelikte geht, ist das Schummeln an sich keine Straftat. Der Vorwurf lautet: Verstoß gegen das Telekommunikationsgesetz, weil sie eine Sendeanlage besessen und eingesetzt hätten, die mit "Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet" und geeignet und dazu bestimmt war", heimlich und unbemerkt Fotos aufzunehmen. Was nach Paragraf 148, Absatz 1, Nr. 2a, Telekommunikationsgesetz strafbar ist.

Ob der Paragraf jedoch auch auf diese Fälle bei Gericht Anwendung findet, ist unter Juristen strittig: Denn laut Gesetz machte sich bisher strafbar, wer mit getarnter Aufnahmeelektronik unerlaubt Menschen aufnahm. Den nun angeklagten Prüflingen aber ging es um etwas anderes, wie die Anklage gegen die 48-jährige Frau zeigt, die am 18. Dezember 2017 im Prüfungsraum des Tüv in Medinghoven erwischt wurde: Den Ermittlern zufolge hatte sie mit Klebeband eine Apparatur unter ihrer Kleidung am Körper angebracht, die aus Kamera mit Sende- und Empfangsfunktion ausgestattet war. Auf diese Weise konnten die Fragen vor ihr auf dem Bildschirm aufgenommen und an einen Helfer draußen geschickt werden, der ihr die Antworten zurücksenden sollte. Auf dieselbe Weise sollen alle Angeklagten gepfuscht haben.

Gängige Masche seit mehreren Jahren

Mit Spannung blickt auch der Tüv Rheinland auf die Bonner Strafverfahren. Wie deren Führerschein-Experte Arne Böhne dem GA erklärte, läuft dieser Betrug als gängige Masche seit sechs bis sieben Jahren. Inzwischen habe man die Prüfer sensibilisiert, auf das Verhalten der Prüflinge zu achten. Denn um die versteckte Kamera auf den Bildschirm auszurichten, seien manchmal auffällige Verrenkungen nötig. Prüflinge, die beim Pfuschen erwischt werden, würden bis zu drei Monate gesperrt, bevor sie erneut zur Prüfung antreten dürften. Laut Böhne sind viele Schummler Ausländer mit schlechten Deutschkenntnissen, obwohl die Prüfungen inzwischen in zwölf Sprachen angeboten würden.

An die gewerbsmäßig arbeitenden Hintermänner, die das elektronische Pfuschwerkzeug vermieten, kommt man laut Böhne nicht heran, da die Prüflinge sie nicht verrieten – aus Angst vor Sanktionen. Im Fall einer Verurteilung droht den Prüflingen bis zu zwei Jahre Haft.

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