Sitz in Bonn So arbeitet der Bundesverband der Süßwaren-Industrie

Bonn · Der Bundesverband der Süßwaren-Industrie mit Sitz in Bonn vertritt rund 90 Prozent der deutschen Süßwarenhersteller. Derzeit beschäftigt den Verband vor allem der Brexit.

Immer gefragt: Pralinen auf der Süßwarenmesse in Köln.

Immer gefragt: Pralinen auf der Süßwarenmesse in Köln.

Foto: picture alliance/dpa

30 Kilogramm Schokolade, Kekse, Fruchtgummi, Eis, Chips und Nüsse knabbert und lutscht jeder Deutsche jährlich – etwa fünf Prozent aller konsumierten Lebensmittel ohne Getränke. Ein gutes Geschäft für die rund 220 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), der in einer ansprechenden Villa aus dem 19. Jahrhundert in der Bonner Südstadt residiert.

Die Hersteller versorgen zudem seit 40 Jahren als Exportweltmeister in ihrem Branchensegment Verbraucher in mehr als 120 Ländern mit süßen und salzigen Genussmitteln. Doch der drohende Brexit und die Diskussion um zu viel Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln setzen den Unternehmen zu, die in Deutschland 50.000 Arbeitsplätze anbieten.

Was sind die Hauptaufgaben des Verbandes?

Mitarbeiter des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI)
6 Bilder

Mitarbeiter des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI)

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„Wir sind als Interessenvertretung der Branche die Stimme der deutschen Süßwarenindustrie“, sagt Hauptgeschäftsführer Klaus Reingen. Der Verband vertrete dabei rund 90 Prozent aller Hersteller. Als Ansprechpartner für die Politik ist der BDSI beim Bundestag und dem Europäischen Parlament in Brüssel akkreditiert und nimmt Stellung zu entsprechenden Gesetzesvorhaben.

Als Arbeitgeberverband führt er auch die Tarifverhandlungen für rund 50.000 Beschäftigte mit der Industriegewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in Hamburg. Zudem berät der Verband die vielfach kleinen Mitgliedsunternehmen etwa in Fragen des Lebensmittelrechts, zu Handels- oder Zollfragen oder in kommunikativen Belangen.

Warum und für wen ist diese Arbeit wichtig?

„Der Verband kümmert sich um gute Rahmenbedingungen für die Industrie“, sagt Reingen. Der erste Dienstsitz des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Bonn als Hauptansprechpartner sei dazu eine große Hilfe. Daneben kümmert sich der BDSI aber auch um Belange der Verbraucher etwa im Bereich der Lebensmittelsicherheit. Dazu unterhält er in Köln für Grundlagenforschung ein eigenes lebensmittelchemisches Institut.

Als 2002 Nachrichten aufkamen, dass beim Backen oder Frittieren dar potenziell krebserregende Stoff Acrylamid entsteht, wurde der Verband tätig. Mit seinen Forschungen und folgenden Empfehlungen habe er das Entstehen in der Industriefertigung massiv reduzieren können. Reingen erinnert: „Das hat uns bei den zuständigen Behörden viel Anerkennung eingebracht.“

Wo liegen aktuelle Schwerpunkte?

„Derzeit beschäftigt uns der Brexit über alle Maßen“, sagt der Hauptgeschäftsführer. Dabei gebe es unter den Mitgliedern nur Verlierer. 80 Prozent der Exporte gingen in die EU, etwa fünf Prozent ins Vereinigte Königreich. Das entspricht knapp 750 Millionen Euro Umsatz.

Um keine Einbußen zu erleiden, hätten viele Unternehmen schon im Frühjahr für viel Geld Lagerkapazitäten in Großbritannien aufgebaut. Ähnliches drohe im Herbst, um ein Zollchaos bei einem ungeregelten Brexit abzufedern. Auch die Diskussion um Zucker in Lebensmitteln beschäftigt den Verband. Allerdings sollen Süßwaren nicht von verringerten Zuckermengen betroffen sein.

Als Genussmittel machen Gummibärchen und Erdnussflips bei Männern rund drei, bei Frauen vier Prozent der Kalorienzufuhr aus, zitiert Pressesprecherin Solveig Schneider aus der zweiten Deutschen Ernährungsstudie. Auch eine Kennzeichnungspflicht macht aus Sicht von Reingen keinen Sinn. Er sagt: „Dass Süßwaren Zucker enthalten, ist sicher für niemanden eine große Überraschung“.

Hier seien eher Lebensmittel angesprochen, deren Zuckergehalt sich nicht auf Anhieb erschließe. Auch in Fragen der Nachhaltigkeit ist man aktiv. Etwa gibt es seit 2012 die Ankündigung, langfristig nur noch zertifizierten Kakao verwenden zu wollen. In dieser Zeit stieg die Quote von drei auf 62 Prozent. Der Einfluss ist erheblich: Deutschland verbraucht ein Zehntel der weltweiten Kakaoernte.

Warum sitzt die Institution in Bonn?

Die Nähe zur Politik war entscheidend für die Ansiedlung. Anders als der Verband der Zuckerwirtschaft sind die „Süßen“ nicht nach Berlin gewechselt. Neben dem Landwirtschaftsresort spricht die Nähe zu Brüssel dafür, das schnell per Bahn erreichbar sei, so Reingen. „80 Prozent der für Lebensmittel relevanten Gesetze werden ohnehin dort geschrieben“, sagt er.

Wie zufrieden ist man mit dem Standort?

„Bonn ist für uns der ideale Standort“, sagt der Verbands-Geschäftsführer. Ein Drittel der Mitgliedsunternehmen habe seinen Sitz in einem Umkreis von 100 Kilometern, was man von Berlin keinesfalls sagen könne. Einige Große der Branche sitzen sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zu Bonn.

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