Mitarbeiterschwund in Bonner Ministerien Seehofer war laut Mitarbeiter noch nie im Bonner Dienstsitz

Bonn · Seit dem Regierungsumzug sind die Bonner Ministerien personell stark verkleinert worden. Im Justizministerium an der Adenauerallee arbeiten sogar nur noch drei Mitarbeiter. Auch das Innenressort von Minister Horst Seehofer ist in Bonn nur noch marginal vertreten.

Die Kehrseite des Wachstums der Bundesämter ist der Schwund in den Bonner Ministerien. Den traurigen Spitzenreiter in dieser Disziplin gibt das Justizressort, das zwar sein nachgeordnetes Bundesamt für Justiz in Bonn ordentlich aufgestockt hat: Von den 707 Ministeriumsposten befinden sich aber nur noch ganze drei in der Adenauerallee 99 (Stand Dezember 2018). Das Bundeskanzleramt hat 733 Posten in Berlin und nur 19 am Rhein.

Auf Platz drei der am schwächsten besetzten Bonner Ministerien: das Innenressort von Horst Seehofer (CSU). Von 1647 Dienstposten sind nur 125,5 in Bonn geblieben. Während Seehofer in Berlin aus Raumnot einen weiteren Neubau errichten lässt, ist am Dienstsitz an der Graurheindorfer Straße 198 derart viel Platz, dass andere Behörden die Büros auf dem früheren Kasernengelände nutzen – eine Außenstelle des Statistischen Bundesamtes etwa, das Bundesinstitut für Sportwissenschaften, die Kulturbeauftragte des Bundes.

Wie es ist, auf dem Abstellgleis zu arbeiten, weiß Herbert Meier (Name geändert) ziemlich genau. „Man findet in Bonn kaum noch Leute aus dem höheren Dienst“, sagt der altgediente Beamte aus dem Innenministerium. „Alles ab Unterabteilungsleiter sitzt in Berlin, und manche Referate haben hier in Bonn gar keine direkten Vorgesetzten mehr.“ An der Graurheindorfer Straße arbeitet hauptsächlich die Zentralverwaltung des Ministeriums: IT-Fachleute, Registratoren, Liegenschaftsmitarbeiter, Bereitschaftsfahrer, Personalbetreuer, Bibliothekare – viele der Sachbearbeiter, so Meier, sind älter als 60 Jahre. Werden Posten frei, sei es oft schwierig, sie zu besetzen – weil am Bonner Dienstsitz Planungssicherheit fehle. Und so würden diese Stellen nach Berlin verlagert.

Verteidigungsministerium mit meisten Dienstposten in Bonn

Die Zusammenarbeit mit der Hauptstadt läuft häufig über Videokonferenzen. „In der Regel funktioniert das“, so Meier, auch wenn es wegen der räumlichen Trennung manchmal Informationsverluste gebe. Von Minister Seehofer fühlt sich Meier als Bediensteter nicht wahrgenommen: „Der Mann war noch nicht ein einziges Mal in seinem Bonner Dienstsitz und hat hier noch keine Personalversammlung besucht.“ Eine GA-Anfrage dazu ließ das Ministerium unbeantwortet. Meier erhofft sich von den anstehenden Verhandlungen zwischen der Region und dem Bund über einen Bonn-Vertrag ein verbindliches Konzept und Rechtssicherheit für die Bonner Mitarbeiter der Bundesregierung. Wie es auch ausgeht, er sieht die Entwicklung nach dem Regierungsumzug positiv: „Unterm Strich“, findet Herbert Meier, „hat Bonn dabei gewonnen.“

Die höchste Zahl an Dienstposten hat in Bonn übrigens das Verteidigungsministerium. Ende des Jahres waren es laut Bundesregierung 1315, während 1403 Stellen in der Hauptstadt angesiedelt waren. Danach folgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das mit 775 mehr als doppelt so viele Posten in Bonn wie in Berlin hat (358).

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