Prozess gegen Kokainbande in Tannenbusch Sechseinhalb Jahre Haft für Bonner Drogenboss

Bonn · Knapp ein Jahr nach einer großangelegten Drogenrazzia in Tannenbusch hat das Bonner Landgericht am Montag den Kopf der damals gefassten Drogenbande und dessen jüngeren Bruder hinter Gitter geschickt.

Eine Großrazzia im Tannenbusch sorgte am 8. Mai 2018 für Schlagzeilen: 300 Polizeibeamte waren an dem Überraschungscoup beteiligt, als am frühen Morgen Hubschrauber über den Straßen kreisten und das gut vernetzte Warnsystem der Drogenszene ausgeschaltet wurde.

Nach Durchsuchungen von 35 Objekten gab es zwar viele Festnahmen, und es wurden auch 75 Gramm Kokain, ein Kilo Marihuana, Bargeld und ein Samuraischwert gefunden. Aber der dicke Fang wurde nicht gemacht. Die große Überraschung kam erst Monate später: Der 32-jährige Boss der Tannenbuscher Kokainbande gestand hinter Gittern den Handel mit dreieinhalb Kilo Kokain.

Mit diesem Geständnis belastete er seinen kleinen Bruder und weitere Täter. Vor dem Bonner Landgericht wurde der Fall am Montag juristisch abgeschlossen: Die 3. Große Strafkammer verurteilte den 32-jährigen Drogenboss wegen Rauschgifthandels zu sechseinhalb Jahren Haft, seinen 26-jährigen Bruder zu zweieinhalb Jahren.

Zwar spielte er „eine untergeordnete Rolle, machte aber, was der Ältere ihn beauftragte“. Als Handlanger kontrollierte er, „wenn der Bruder morgens nach Partys noch zugedröhnt schlief“, so das Gericht, die Straßenverkäufe oder sorgte für Nachschub. In nur sechs Monaten hatte der Ältere dreieinhalb Kilo Kokain in den Niederlanden eingekauft und davon zweieinhalb Kilo im Wert von 150.000 Euro auf den Straßen Tannenbuschs verkauft.

„Wenn ich das gemacht habe, muss ich auch dazu stehen“

Warum der Bandenchef ohne Not gestand, bleibt sein Geheimnis. Denn diese Menge hätte ihm und seiner Gang nie nachwiesen werden können, so Kammervorsitzender Klaus Reinhoff. Auf Nachfrage hatte der Angeklagte erklärt: „Wenn ich das gemacht habe, muss ich auch dazu stehen.“ Das Gericht dankte ihm für die „Aufklärungshilfe“ mit großem Strafnachlass. Zudem bleibt er bis zum Haftantritt auf freiem Fuß. Durch sein Geständnis, so Reinhoff, habe er viel „geleistet, deswegen soll er auch die Möglichkeit haben, in den offenen Vollzug zu gehen“.

Diese Chance haben zwei seiner engsten Mittäter nicht: Sie wurden im Februar verurteilt. Ein 36-jähriger Straßenverkäufer muss wegen Handels mit 1,7 Kilo Kokain für fünf Jahre in Haft, seine 29-jährige Verlobte, die das Pulver abwog und in 2400 Bobbels verpackte, für drei Jahre. Mit Bewährung kam nur ein 31-Jähriger davon: Er wohnte zur Tatzeit bei seiner Freundin und stellte seine freie Wohnung als Drogenbunker zur Verfügung.

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