"Bonner Kopf": Susanne Gräfin Lambsdorff Schulleiterin - der beste Beruf der Welt

Bonn · Vater Otto war einst Wirtschaftsminister, Vetter Alexander ist Abgeordneter im Europäischen Parlament. Doch die 57-Jährige hat es nie in die Politik gezogen.

 Weltoffenheit, Wertschätzung, Lernen, Mut und Veränderung sind nur einige Werte, die Susanne Gräfin Lambsdorff an ihrer Schule vermitteln will.

Weltoffenheit, Wertschätzung, Lernen, Mut und Veränderung sind nur einige Werte, die Susanne Gräfin Lambsdorff an ihrer Schule vermitteln will.

Foto: Benjamin Westhoff

Ihr Name hat Klang: Susanne Gräfin Lambsdorff. „Nein, ich kann nicht sagen, dass ich dadurch Vorteile hatte. Allerdings weiß jeder sofort, wie man meinen Namen schreibt“, sagt sie lachend.

„Natürlich bin ich ein politisch interessierter Mensch. Doch ich habe schnell erkannt, dass ich meine Berufung auf einem anderen Gebiet habe“, erzählt sie. Und darin geht sie mit Leib und Seele auf. Seit 13 Jahren leitet die Gräfin die Christophorusschule, eine LVR-Förderschule für Kinder und Jugendliche mit körperlicher Behinderung in Tannenbusch.

Geboren in Köln, studierte sie zunächst an der Wirtschaftsakademie in Hamburg. „Da habe ich dann schnell realisiert, dass das nicht das Richtige ist“, erinnert sie sich. Das Studium der Sonderpädagogik, das sie nach diesem kurzen Intermezzo begann, kam ihrer Neigung schon viel näher. Mit dem ersten Staatsexamen in der Tasche ging es zum Referendariat zurück ins Rheinland. „Das habe ich an der Königin-Juliana-Schule in Medinghoven gemacht. In dieser Zeit habe ich mich dann in Bonn verliebt.“ In der Südstadt fand sie eine Wohnung und nahm dafür auch lange Autofahrten in Kauf. Denn in Heinsberg hatte die junge Sonderschullehrerin ihre erste Stelle. „Ich habe eigentlich nie vorgehabt, in Bonn zu leben. Doch in dieser Zeit habe ich erkannt, wie schön die Stadt ist.“

Auch heute noch ist die Südstadt ihre Heimat. Auf die Cafés und Restaurants, die vielen kleinen Geschäfte will sie nicht mehr verzichten. Und da wäre ja auch noch das Melbbad. Denn dort dreht sie morgens um 6.30 Uhr regelmäßig ihre Runden. „Endlich hat die Freibadzeit wieder begonnen“, freut sie sich. Für ihre beiden anderen Hobbys, das Lesen und das Reisen, bleibt ebenfalls noch etwas Zeit. In den Sommerferien wird Portugal das Ziel sein.

Der beste Beruf der Welt

Diese Auszeiten sind wichtig, denn die Arbeit an der Förderschule fordert nicht nur physisch, sondern auch psychisch viel von ihr und dem Team aus 80 Lehrern sowie Therapeuten. „Das muss man mit Leidenschaft machen. Jeder Tag ist eine Herausforderung. Das ist eben kein alltäglicher Job“, erklärt die Pädagogin und ergänzt im gleichen Atemzug: „Aber es ist der beste Beruf der Welt.“ Jede Begegnung mit Schülern würde ihr das Herz öffnen. „Ich habe sehr großen Respekt vor der Lebensleistung der Kinder und Jugendlichen. Ich bin täglich aufs Neue erstaunt und berührt.“

Derzeit besuchen 228 Mädchen und Jungen ab sechs Jahren bis 18 Uhr die Einrichtung. Neben dem Umgang mit Schwerstkranken gehört auch das Sterben zum Leben an der Schule. „Wir haben alle gelernt, damit umzugehen. Es hilft schon, wenn wir darüber sprechen. Aber manchmal nimmt man ein Schicksal auch mit nach Hause. Das passiert auch nach so vielen Jahren noch.“ Aber, und darauf Gräfin Lambsdorff besonderen Wert, wir fordern auch Einsatz. „Jeder Schüler leistet hier auf seine Art viel. Und das wird von uns anerkannt. Wir suchen nicht nach den Defiziten, sondern wir suchen vielmehr danach, wo wir ansetzen können. Wir fördern und fordern gleichzeitig.“

Eine Arbeit, die auf viele Helfer und Unterstützer angewiesen ist. „Deshalb freue ich mich immer, wenn das Telefon klingelt“, erzählt sie. „Denn ich hoffe stets, dass sich ein junger Mensch meldet, um bei uns ein freiwilliges soziales Jahr zu leisten.“ Diese Helfer auf Zeit seien für den Schulalltag unentbehrlich. Und auch die jungen Erwachsenen würden von diesem Einsatz profitieren. „Dieser ganz spezielle Blick über den Tellerrand hinweg wird sie ein Leben lang prägen“, weiß sie aus Erfahrung.

Bevor sie ihren Koffer für die nächste Reise packen kann, muss jedoch noch einiges organisiert werden. Denn neben der Einteilung der Klassen für das nächste Schuljahr stehen auch die Vorbereitungen für das große Fest anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Schule im Juli an. Doch bei aller Hektik lässt sich Susanne Gräfin Lambsdorff eines derzeit nicht nehmen. „Auf das Schwimmen frühmorgens im Melbbad werde ich nicht verzichten.“

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