Prozess in Bonn Salafist bleibt uneinsichtig

BONN · "Es kann nicht hingenommen werden, dass ein Bürger seine Interessen mit Waffengewalt durchsetzt. Das trifft den Rechtsstaat in seinem Kern." Mit diesen Worten begründete Staatsanwältin Vanessa Weber am Dienstag die von ihr im Plädoyer vor dem Bonner Landgericht geforderte "erhebliche Sanktion": Nach ihrem Willen soll der 26 Jahre alte Salafist, der bei einer Demonstration am 5. Mai in Lannesdorf zwei Polizisten mit einem Messer schwer verletzt hatte, für fünf Jahre und neun Monate ins Gefängnis.

Schuldig gemacht habe sich der Angeklagte des besonders schweren Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung sowie des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte im besonders schweren Fall. Der aus Hessen stammende junge Mann habe durch seinen Angriff die "staatliche Autorität und das Gewaltmonopol verletzt".

Im Prozess hatte der in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte gestanden, dass er mit einem etwa 22 Zentimeter langen Küchenmesser auf mehrere Polizisten losgegangen war. Ein 35-jähriger Polizist und seine 30 Jahre alte Kollegin waren so schwer an den Oberschenkeln verletzt worden, dass sie sofort operiert werden mussten.

Die Staatsanwältin betont, dass es "Zufall war, dass keine Arterien getroffen wurden". In diesem Fall hätten die Beamten innerhalb weniger Minuten verbluten können. Von Nebenklageanwältin Gudrun Roth, die im Prozess die angegriffenen Polizisten vertritt, wurde ebenfalls betont, dass es "lediglich dem Zufall zu verdanken" sei, dass die Opfer die Messerattacken überlebt haben. Das von dem 26-Jährige angegebene Motiv rechtfertige die Tat "sicherlich nicht".

Der Angeklagte vertritt die Ansicht, dass jeder, der den Propheten beleidigt, die Todesstrafe verdient. Da die Polizisten nicht verhindert hätten, dass die Teilnehmer der rechtsextremen Partei Pro NRW bei der Kundgebung Mohammed-Karikaturen hochgehalten hatten, haben sich die Beamten in den Augen des Salafisten selbst schuldig gemacht.

Verteidiger Johannes Pausch bedankte sich zu Anfang seines Plädoyers für die "sehr gelassene und sehr respektvolle" Verhandlungsatmosphäre. Dies habe er in solchen Fällen auch schon anders erlebt. Der Anwalt des 26-Jährigen versuchte zu erklären, wie es zu der Entwicklung seines Mandanten vom Kleinkriminellen aus der Partyszene zur "fundamentalistischen und radikalen Hinwendung zu einer bestimmten Spielart des Islam" kommen konnte.

Für den Verteidiger ist der Angeklagte ein "Suchender, der in der entscheidenden Phase keinen Halt gefunden, dafür aber als Rettung die Religion gefunden hat." Der 26-Jährige sei "resistent gegenüber dem, worüber ein weltliches Gericht zu entscheiden hat". Bei der Tat sei der Mandant in einer Art "Rausch" gewesen. Die Atmosphäre bei der Gegendemonstration habe "eine bestimmte Sprache gesprochen" - die der Angeklagte "möglicherweise als Aufforderung aufgefasst hat, so zu handeln".

In seinem letzten Wort wiederholte der 26-Jährige seine Meinung, dass er das Gericht nicht akzeptiere. Man könne von einem Muslim nicht erwarten, dass er ruhig bleibt, wenn der Prophet beleidigt wird. Als er sagte, dass die Muslime Deutschland den Krieg erklärt hätten und Konsequenzen folgen würden, stoppte Staatsanwalt Heinz Clemens den Angeklagten. Dem Beschuldigten stehe es nicht zu, "Drohungen gegenüber dem deutschen Staat auszusprechen". Das Urteil soll am Freitag verkündet werden.

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