Putzklage von Stölting Stadt Bonn bleibt auf Schaden von 200.000 Euro sitzen

Bonn · Fast ein Jahr lang erhielt der Reinigungskonzern Stölting deutlich zu viel Geld. Der Konzern hatte die Stadt regelrecht über den Tisch gezogen. Der Fall kam vor das Bonner Landgericht.

Die Stadt hat sich in einem komplizierten Rechtsstreit gegen die Stölting GmbH durchgesetzt. Der Gebäudereinigungskonzern aus dem Ruhrpott hatte eigentlich die Kommune auf Zahlung von 518.000 Euro verklagt, die jedoch mit einer Widerklage reagierte. Vor dem Landgericht einigten sich beide Seiten jetzt auf einen Vergleich. Nicht Bonn zahlt, sondern Stölting – 24.500 Euro in die Stadtkasse. Unterm Strich liegt der Schaden für die Kommune aber trotzdem bei etwa 200.000 Euro.

Nach einer schweren Panne im Städtischen Gebäudemanagement Bonn (SGB) hatte der Konzern die Stadt regelrecht über den Tisch gezogen, wie in einem vertraulichen Bericht des städtischen Rechnungsprüfungsamtes nachzulesen ist. Stölting hatte seit Juli 2014 mehrere Reinigungsaufträge für rund 40 städtische Gebäude, vor allem Schulen und Kindergärten. Doch fast ein Jahr lang, bis Mitte 2015, zahlte das SGB dem Konzern nach städtischen Angaben deutlich zu viel Geld – weil Sonn- und Feiertagszuschläge gewährt wurden, die in Wahrheit nicht angefallen waren. Der Stundensatz stieg dadurch von vereinbarten 16 auf satte 23 Euro pro Stunde. Die Rechnungsprüfer kritisierten später, dass keiner im SGB den Fehler bemerkte, obwohl die Stölting-Stundensätze bis zu 30 Prozent über dem Marktüblichen lagen. In einem Fall kostete die Reinigung ein und desselben Gebäudes sogar 1456 Euro (42 Prozent) im Monat mehr als beim vorherigen Auftragnehmer.

Ratspolitiker lehnten ersten Vergleich ab

Als das SGB die Panne nach einem Hinweis der Linkspartei endlich bemerkte, bestand Stölting trotzdem auf dem überhöhten Stundensatz. Um einen Rechtsstreit mit dem Konzern aus Gelsenkirchen zu vermeiden, schlug die Stadtverwaltung dem SGB-Betriebsausschuss im Frühjahr 2016 einen Vergleich vor: Sie wollte Stölting 100.000 Euro überweisen. Doch die Politiker, auch alarmiert durch einen GA-Bericht, lehnten ab und schalteten die Rechnungsprüfer ein. Als Antwort stoppte Stölting im Mai 2016 plötzlich seine Putzdienste für die Stadt und zog vor Gericht. Die Kommune musste kurzfristig eine Ersatzfirma suchen. Die Notbeauftragung sei 102.000 Euro teurer gewesen als eine normale Ausschreibung, so die Stadt. Diese Summe verlangte die Kommune in ihrer Widerklage gegen Stölting als Schadensersatz zurück – plus 124.000 Euro an zu viel bezahlten Reinigungsrechnungen.

Mit dem Vergleich am Landgericht sind nun alle gegenseitigen Ansprüche erledigt. Der Konzern hat laut Gerichtsbeschluss, der dem GA in Kopie vorliegt, bereits zugestimmt. Die Stadt holte sich am Mittwoch im SGB-Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung den Segen der Ratsfraktionen. Sowohl das Rechtsamt als auch die beauftragte Anwaltskanzlei Meyer-Köring empfahlen, den Vergleich zu akzeptieren. Ansonsten drohe ein mehrjähriges Verfahren, in dem bis zu 411 Stölting-Rechnungen im Detail analysiert werden müssten. Aufwand und Prozessrisiko seien zu hoch. Und so stimmte der Ausschuss einmütig zu. Das Fazit nach der SGB-Panne: Bonn bekommt weder vollen Schadenersatz noch das überzahlte Leistungsentgelt zurück. Immerhin: Statt wie von der Stadtverwaltung ursprünglich empfohlen 100 000 Euro an den Konzern zu zahlen, erhält die Kommune jetzt immerhin 24.500 Euro von Stölting (muss allerdings 16.600 Euro an ihre Anwälte zahlen).

Diesen Teilerfolg kann sich vor allem die Linksfraktion im Rat auf die Fahnen schreiben, die Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei Stölting nachgegangen war. Zufrieden ist Anatol Koch, der für die Linken im Ausschuss sitzt, trotzdem nicht: „Angesichts der zahlreichen Verfehlungen des SGB bei Auftragserteilung und Kontrolle konnten wir den Vergleich nur zähneknirschend akzeptieren“, sagte er auf GA-Anfrage. Der Schaden für die Stadt sei wegen der Notbeauftragung nach dem Stölting-Ausstieg zehnmal höher als die Vergleichszahlung. Der Konzern aus Gelsenkirchen ließ eine Bitte um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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