"Kultur und Sport im Dialog" Publikum beim ersten Bonner Rathausgespräch gespalten

BONN · Das Publikum beim ersten Bonner Rathausgespräch zum Thema "Kultur und Sport im Dialog" war klar gespalten: Die einen klatschten wie bei der fulminanten Theaterpremiere, die anderen wie beim Sieg der Heimmannschaft - beide jeweils ziemlich laut.

Dabei waren die Argumente, die Vertreter von Sport und Kultur austauschten, manchmal gar nicht weit voneinander entfernt, manchmal aber auch aus verschiedenen Welten. Im Kern ging es am Donnerstagabend vor allem um Geld und die Frage, ob es in Bonn sinnvoll, nachvollziehbar und gerecht zwischen Sport und Kultur verteilt wird.

Aufs Podium hatte die Volkshochschule Lutz Thieme, Vorsitzender der 8500 Mitglieder starken Schwimm- und Sportfreunde Bonn (SSF), Michael Scharf von der Initiative "Pro Sportstadt Bonn", den Chef des städtischen Kunstmuseums, Stephan Berg, und Moritz Seibert, Intendant des Jungen Theaters Bonn, geladen. "Das, was eine Stadt liebens- und lebenswert macht, sind Sport und Kultur", befand Michael Scharf. Der aktuelle Konflikt sei ein Konflikt um die Ressourcen, die noch zur Verfügung stehen. "Innerhalb der Ressourcen ist der Sport eher benachteiligt."

Auch Lutz Thieme wollte mit Moderator Dietmar Kanthak vom GA und mit dem Publikum über Verteilung reden. Bonn sei keine reiche Stadt mehr. "Die Stadtgesellschaft hat noch nicht gelernt, dass es nichts mehr zu verteilen gibt. Der Erfolg einer Stadt misst sich daran, dass wir auch beim Rückbau der Infrastruktur Entscheidungen finden, die von möglichst vielen getragen werden", sagte er. Dass die öffentliche Debatte Ende des vergangenen Jahres eine "bestimmte Form von Schärfe" hatte, ließ die Runde auf dem Podium nicht unerwähnt. Doch inzwischen sei man "über rhetorische Exzesse hinaus".

Es ging immer wieder um die Frage, mit welchen messbaren Faktoren man Sport und Kultur vergleichen kann. "Über Zahlenspiele werden wir nicht zu sinnvollen Ergebnissen kommen", meinte Seibert. Sein freies Theater, das sich zu 85 Prozent selbst finanzieren muss, ist eher mit einem Sportverein zu vergleichen als mit der städtischen Institution Kunstmuseum. Auch auf anderer Ebene gibt es durchaus Gemeinsamkeiten: Das ausverkaufte Stück zum bekannten Kinderbuchklassiker hilft, im Gegenzug auch mal Unbekanntes auf die Bühne zu bringen.

Und bei den SSF subventionieren "die Damen, die Bauch-Beine-Po-Kurse belegen, die Kinder, die zu Wettbewerben fahren", so Thieme. Berg kritisierte: "Sie argumentieren mit voreingenommener Perspektive: Für Sport gibt es einen klaren Nutzen, für Kultur nicht." Scharf argumentierte lieber mit Zahlen: "Wir stehen in direkter Relation der Fördermittel einfach schlecht da." Statt eines Verhältnisses von 1:5 fordert Pro Sportstadt ein Verhältnis von 2:5, also mehr für den Sport.

Es gehe auch nicht um Besitzstandswahrung, so Thieme: "Wir agieren mit Augenmaß und sind bereit, Sportplätze oder Bäder zu schließen." Bei der Diskussion mit dem Publikum schaltete sich Rainer Wolff (Pro Sportstadt) ein: "Wir haben nicht der Kultur den Vorwurf gemacht, sondern der Stadt, dass sie nicht ordentlich verteilt." Sascha Sehr vom Betriebssport-Kreisverband sagte: "Wir sollten uns zusammentun, statt hier zu sitzen und uns zu bekämpfen." Hauptübeltäter seien Geldvernichter wie das WCCB.

Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch hatte das Rathausgespräch eröffnet, Martin Schumacher, Dezernent für Sport und Kultur, fasste es am Ende zusammen: "Es müssen auskömmlich Bedingungen für beide Bereiche geschaffen werden und ich gebe zu, dass hier der Sport zu kurz kommt."

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