Nach dem Aus für die Klangwelle Protestwelle schwappt durch die Stadt

Bonn · Das Aus der Klangwelle zumindest für dieses Jahr hat für viele empörte Kommentare gesorgt. "Zwei Leute verderben 100.000 den Spaß?" Leserin Marabella findet das auf der General-Anzeiger-Website "unglaublich".

Franco meint dazu: "Das ist nicht demokratisch!" Nur wenige Stimmen zeigen Verständnis für die Klagen wegen Lärmschutzes.

"Das ist eine Katastrophe", sagt Jürgen Harder, Ausrichter von "Rhein in Flammen", zum vorläufigen Ende der Klangwelle. Er hat das Licht-Wasser-Musik-Spektakel auf dem Münsterplatz selbst drei Jahre lang organisiert. "Ich finde es unbegreiflich, dass die Stadt Bonn nicht in der Lage ist, diese Veranstaltung auf dem Platz, der wie kein anderer dafür geeignet ist, zu halten." Da seien nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden. Er würde das Event an den Rheinauensee verlegen, die Technik könnte dort sogar auf einer künstlichen Insel installiert.

Sascha Frenz von der Initiative "Bonn macht laut" sieht in der Stadt ein "Mentalitätsproblem" - sowohl bei Beschwerdeführern und Verwaltung als auch bei der Mehrheit, die "nicht laut genug" sei. "Ich befürchte, das ist nur der Auftakt." Zwischen Politik und Verwaltung herrsche bei der Frage, wie man das Landesemissionsgesetz entschärfen könnte, scheinbar ein Wettbewerb: "Wer hat die maximale Ohnmacht?" Frenz wünscht sich, alle Bonner Landtagsabgeordneten würden sich zu diesem Thema konstruktiv an einen Tisch setzen.

Bislang letzte Betroffene war die Popfarm, die am Samstag auf dem Kunst!Rasen-Gelände wegen einer Beschwerde eine Konzertpause einlegen musste (der GA berichtete). Von der Stadt müsse mehr Unterstützung für die Veranstalter kommen, findet Geschäftsführer Michael Kernbach. "Wenn alles weg ist, was bleibt dann noch? Das Festspielhaus?" Die Stadt müsse mehr in den Dialog mit Beschwerdeführern und Veranstaltern treten, meint Sandro Heinemann von der Agentur Rheinevents, die unter anderem eine Bühne bei "Rhein in Flammen" betreut. "Man muss Kompromisse finden, statt aneinander vorbei zu meckern."

Darüber hinaus solle man aber auch dem Wunsch der Mehrheit mehr Gewicht beimessen als der Ansicht weniger Personen. "Für eine lebendige Innenstadt und einen gesunden Einzelhandel brauchen wir auch attraktive Veranstaltungen wie die Klangwelle", sagte SPD-Fraktions- und Parteichef Ernesto Harder. Die Stadtverwaltung sollte mit Unterstützung der Politik und mit den Veranstaltern alles dafür tun, dass 2014 nur eine Pause bleibe und die Klangwelle nicht endgültig beerdigt werde. "Wir werden daran konstruktiv mitarbeiten", versprach Harder.

Für CDU-Ratsherr Georg Fenninger ist klar: "Ohne eine Änderung des Bundes- und Landesimmissionsgesetzes sind der Verwaltung die Hände gebunden. Die Stadt ist in einer echten Zwangslage". Allerdings komme es aus seiner Sicht auch manchmal zu Übertreibungen. "Bei unserem CDU-Familienfest im Mai auf dem Münsterplatz wurden sogar die Lärmwerte der Hüpfburg gemessen", erzählte er. Dem Mitarbeiter mache er keinen Vorwurf, er habe ja lediglich seinen Auftrag erfüllt. "Aber absurd war es schon."

Auch Tom Schmidt (Grüne) sieht die Landesregierung am Zug: "Ich finde das sehr bedauerlich, dass die Klangwelle in diesem Jahr nicht stattfindet. Sie war eine Bereicherung für das Innenstadtleben." Aber ohne eine Änderung der Gesetze "werden wir die Probleme mit den Klagen nicht los".

Die Nachricht vom Aus der Klangwelle löste gestern auf Facebook eine Diskussion darüber aus, das Spektakel nach Siegburg zu verlegen. Viele Mitglieder der Gruppe "Du kommst aus Siegburg, wenn..." sprachen sich dafür aus und berichteten, man habe bereits Bürgermeister Franz Huhn angeschrieben. Der hatte die Idee, die Klangwelle in Siegburg zu veranstalten, 2013 selbst aufgebracht und zeigte sich auf Anfrage des GA offen dafür: "Wenn wir es schaffen, mit dem Veranstalter ein Konzept auf die Beine zu stellen, wäre das eine ungeheure Bereicherung für die Stadt." Bisher habe der sich aber nicht gemeldet.

Für Ronald Nenzel, der als DJ Ronaldo kreativer Mitveranstalter der Klangwelle war, ist das nur bedingt eine Option: Er befürchtet, dass viele Bonner Sponsoren nicht mit nach Siegburg gehen. Auf die ist eine fürs Publikum kostenlose Veranstaltung angewiesen. Für ihn sei das außerdem "immer noch eine Bonner Geschichte". Er bedauert die Entwicklung: "Das ist ein großer Verlust für die Bonner Kulturlandschaft."

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