Kommunalwahl Pro NRW-Kandidaten fühlen sich gelinkt

BONN · Mit der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Partei Pro NRW will das Gros der Bürger nichts zu tun haben. Und manchmal noch nicht mal deren eigene Kandidaten. Wie Rainer Brauweiler aus Lengsdorf, der laut Wählerliste im Wahlbezirk 43 (Duisdorf/Medinghoven) für Pro NRW antritt.

Wollen mit allen Mitteln in den Stadtrat: Anhänger von Pro NRW am vergangenen Samstag bei einer Demonstration auf dem Friedensplatz.

Wollen mit allen Mitteln in den Stadtrat: Anhänger von Pro NRW am vergangenen Samstag bei einer Demonstration auf dem Friedensplatz.

Foto: Axel Vogel

Dass dem so ist, wurde ihm erst klar, als er bei der Vorstellung des Wahlbezirks im GA seinen Namen las und von Freunden angesprochen wurde. "Ich habe mit Pro NRW nichts zu tun und interessiere mich auch nicht für Politik", stellt der Selbstständige, der einen Gabelstaplerbetrieb hat, klar. "Ich habe keine Ahnung, wie ich auf die Liste geraten bin."

Offensichtlich scheut Pro NRW keinen Trick, um an Kandidaten zu kommen. Nicht nur in Bonn, sondern ähnliche Fälle wurden auch in Solingen bekannt. Hinter der Riege der überzeugten Funktionäre scheint es Karteileichen, Notnagel und Zählkandidaten zu geben. Und eben auch einige Überrumpelte.

Bei Rainer Brauweiler war es so, dass er an einem Wahlstand in Lengsdorf vorbeikam und einen der Wahlkämpfer kannte. Es war sein Schulkamerad Detlev Schwarz. Der ist Vorsitzender des Bonner Kreisverbands von Pro NRW, was Brauweiler nicht wusste.

Dass er dort als Kandidat für die Partei geworben wurde, daran kann er sich jedenfalls nicht erinnern. Er habe nichts unterschrieben. Ganz anders stellt es Schwarz dar. "Er hat eine Einverständniserklärung unterschrieben und mir damit einen Freundesdienst erwiesen", sagt er. Brauweiler sei kein Mitglied bei Pro NRW, "aber alles ist mit seiner Zustimmung passiert", so Schwarz.

"Ich habe ihm auch erklärt, dass es sich nur um eine Zählkandidatur handelt." Gründe dafür, solche Zählkandidaten aufzustellen, gibt es mehrere - zum Beispiel um in jedem Wahlbezirk Flagge zu zeigen oder eine höhere Anhängerschaft vorzutäuschen. Ist jemandem schon bei der Kandidatur klar, dass er im Falle seiner Wahl das Mandat nicht annimmt, bezeichnet man ihn als Scheinkandidaten. Spricht man Brauweiler darauf an, ob er nicht vielleicht doch etwas unterschrieben hat, kommt er ins Grübeln. "Ich weiß nicht mehr so ganz genau." Für seinen "Freund" Schwarz, der ihm eine Überreaktion unterstellt, hat er nur noch Empörung übrig.

Kein Einzelfall: Auch mit einem anderen Kandidaten gibt es Stress. Christian Wittig heißt er, war bis vor kurzem Pro-NRW-Mitglied. Bis er austrat - nun will er auch von der Wählerliste gestrichen werden. Doch der Zeitraum ist verstrichen, die Wählerlisten geschlossen, die Stimmzettel gedruckt. "Man kann nicht mehr gegen die Wählerliste klagen", erklärte Vera Clement von der Presseabteilung des Innenministeriums NRW am Montag dem GA. "Es ist höchstens eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Wahlleiter vor Ort möglich."

Das wäre das Wahlamt der Stadt Bonn. Und dort hieß es, das Rad sei nicht mehr zurückzudrehen. Für jeden Kandidaten hätten die Parteien Wählbarkeitsbescheinigungen und Zustimmungserklärungen der jeweiligen Personen vorlegen müssen. "Und diese Dokumente liegen in allen Fällen vor", bekräftigt eine Sprecherin des Presseamts. "Eine Anfechtung der Kandidatenliste oder der gesamten Wahl ist daher nicht möglich."

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