Belästigungen bei Party auf dem "Township" Polizei sucht Zeugen der Übergriffe

Bonn · Nach den sexuellen Übergriffen auf Besucherinnen einer Party mit Flüchtlingen am 7. November 2015 hat die Polizei erste Zeugen vernommen. Laut Mitveranstalter waren Deutsche und Flüchtlinge die Täter.

Bisher seien zwei Frauen bekannt, die auf einem Ausflugsschiff, das regelmäßig für die Veranstaltungsreihe "Township" vermietet wird, sexuell belästigt wurden, teilte Polizeisprecherin Daniela Lindemann mit. Zudem lägen Hinweise vor, dass eine weitere Frau belästigt worden sein soll.

Der Vorfall war der Polizei nach eigenen Angaben erst am Mittwoch durch die GA-Anfrage bekannt geworden. Noch am selben Tag wurden Zeugen vernommen. Auch gestern befragten die Ermittler weitere Zeugen und kontaktierten die Veranstalter der Party, zu denen der Flüchtlingshilfeverein Refugees Welcome und die studentische Initiative für Flüchtlinge (IfF) gehören. Dabei prüft die Polizei auch, ob eine Verantwortung des Veranstalters vorliegt.

Refugees Welcome hatte sich kurz nach der Party, an der 300 bis 500 Gäste teilgenommen haben sollen, im Internet für die Übergriffe entschuldigt. Auf Nachfrage erklärte der Verein unter anderem: "Wir haben, sofern wir Zeugen übergriffigen Verhaltens wurden, oder uns Personen gezeigt wurden, die für dieses verantwortlich waren, jene der Party verwiesen. Wir haben zweimal die Musik unterbrochen und mehrsprachig darauf hingewiesen, dass derartiges Verhalten nicht geduldet wird."

Unter den Tätern waren nach Vereinsangaben Deutsche, aber auch Flüchtlinge. Viele andere Flüchtlinge hätten vermittelnd eingegriffen und sich für das Verhalten einzelner Landsleute entschuldigt.

Vorherige Party verlief ohne Zwischenfälle

"Eine Atmosphäre, wie sie zu unserem Bedauern über weite Teile der Party herrschte", schrieb der Verein, sei in fast jeder beliebigen Großraumdisco zu finden. Damit wolle man die Ereignisse nicht herunterspielen, aber übergriffige Männer gebe es zum Beispiel auch an Karneval, was viel zu selten thematisiert werde. Auf die Frage, warum die Veranstalter nicht die Polizei geholt haben, erklärte der Verein: "Keine der Frauen wollte die Polizei rufen beziehungsweise sah es nicht als notwendig an."

Insgesamt, hieß es, hätten sich etwa ein Dutzend Frauen beschwert. Eine ähnliche "Township"-Party einige Monate zuvor, ebenfalls von Refugees Welcome organisiert, sei ohne Zwischenfälle verlaufen.

Eine der Betroffenen, die sich am Donnerstag an den GA wandte und Anzeige erstatten will, schildert die Situation auf dem Schiff drastischer. "Ich habe den Eindruck, es ist mir und meiner Freundin auf dem Schiff so ergangen wie vielen Frauen an Silvester in Köln", sagte die 38-Jährige, die anonym bleiben will. Sie sei häufiger zu Gast auf den Partys auf dem Schiff und auch in Diskotheken, doch so etwas habe sie noch nie erlebt.

Inhaber äußert sich entsetzt über Vorgänge

"Wir waren kaum auf dem Schiff, da wurden wir schon von einer Gruppe von jungen Männern umzingelt und bedrängt", sagte sie. Es habe sich um Flüchtlinge gehandelt, so die Frau, die sich nach eigenen Angaben ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert. Sie sei an die Wand gedrückt und am ganzen Körper betatscht worden. Dann habe ihr ein Mann seine Lippen auf den Mund gedrückt. Als sie sich gewehrt habe, sei ihr mit Schlägen gedroht worden.

Von anderen Frauen habe sie gehört, sie seien bis auf die Toilette verfolgt und dort bedrängt worden. "Wir haben aber keine Verantwortlichen gefunden, die uns helfen konnten", sagte sie, deshalb habe sie mit ihrer Freundin die Party schleunigst verlassen. Und warum hat sie nicht unmittelbar nach dem Vorfall Anzeige erstattet? "Ich dachte damals, das bringt nichts", erklärte sie.

Der Inhaber des Schiffes, der namentlich nicht genannt werden will, äußerte sich entsetzt über die Vorgänge, auf deren Ausmaß er erst durch die GA-Berichterstattung aufmerksam geworden sei. "So ein Verhalten ist jenseits meines Rechtsverständnisses", sagte er. Er habe volles Verständnis für die betroffenen Frauen, sorge sich aber auch, dass das Thema von Rechten ausgeschlachtet werden könne. Polizeisprecherin Daniela Lindemann wies nochmals darauf hin, dass sich alle Geschädigten der Party melden sollten. Jeder, der eine andere Person gegen ihren Willen körperlich angehe, begehe bereits eine Straftat, betonte sie.

Kontakt zur Polizei: 0228-150

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