Letzte Öffnung am Samstag P+M Elektronik in Bonn schließt nach 40 Jahren

Bonn · Das Fachgeschäft für Elektronik an der Budapester Straße war das Ziel von Technikbegeisterten aus der ganzen Region. Am Samstag öffnete der Laden zum letzten Mal, bis Silvester wird er ausgeräumt.

 Schwere Zeiten haben aus den Kollegen Freunde werden lassen (von links): Peter Weilguni, Ernst Lorenz und Juan Vega.

Schwere Zeiten haben aus den Kollegen Freunde werden lassen (von links): Peter Weilguni, Ernst Lorenz und Juan Vega.

Foto: Stefan Hermes

40 Jahre lang war P+M Elektronik an der Budapester Straße Ziel von Technikbegeisterten aus der ganzen Region. In 1400 Schubladen fanden sich dort Zigtausende elektronische Bauteile, die Kunden für die Reparatur oder auch zum Eigenbau von strombetriebenen Geräten benötigten. Diesen Samstag öffnet das Fachgeschäft zum letzten Mal seine Tür. Wenn der letzte Kunde sein Schnäppchen gemacht hat, wird geschlossen. Bis Silvester wird das Ladenlokal ausgeräumt. Dann wird auch dieses Fachgeschäft Geschichte sein.

„Wer hier reinkam und einen Transistor BC 5-4-7 verlangte, der konnte ihn auch gleich mitnehmen“, erzählt Peter Weilguni. Der 67-Jährige ist seit 1980 Geschäftsführer des Ladens, dessen Stammhaus in Köln längst aufgegeben wurde. Weilguni ist überzeugt, dass besagter Transistor andernorts kaum so einfach zu bekommen gewesen wäre. Heute würde man nach einer Artikelnummer gefragt, um das Gewünschte zu bestellen. „Aber wer weiß die schon“, sagt Weilguni und zuckt die Schultern. Seine Devise, Kunden zu verstehen und zu helfen, sei längst nicht mehr gefragt.

Der Satz, dass früher alles besser war, trifft auf seine Branche zu: Die 80er Jahre, in denen schon lange Antennen auf den Autos von technikbegeisterten CB-Funkern zeugten, sind genauso ein Teil der Erfolgsgeschichte wie der Handel mit den ersten Computern. Damals mussten die Kunden Schlange stehen, wenn der neue „Commodore“ angekündigt war. „Wir hätten Hunderte verkaufen können, bekamen aber meist nur zehn Stück auf einmal“, so Weilguni, der Anfang 2000 als Gesellschafter in das Geschäft einstieg. Pfleger und Meinerzhagen, die dem Unternehmen seinen Namen „P+M“ gaben, waren da längst nicht mehr aktiv.

Nur noch wenige Reparaturen

Am 20. Juli 2013 war der Elektronikladen mit der Überschrift „Voller Einsatz, leere Kassen“ über zwei Zeitungsseiten das „Thema der Woche“ im General-Anzeiger. Der Laden sei bei Bastlern und Technikfreaks sehr beliebt – auch wegen der guten Beratung, hieß es schon damals. Und: Große Ketten und der wachsende Onlineversand machten dem kleinen Fachgeschäft zu schaffen. Das trifft fünfeinhalb Jahre danach erst recht zu. „Ich habe mich längst gewundert“, sagt Kunde Martin Winkler (50), der sich betroffen den Ausverkauf des Ladens ansieht, „dass das Geschäft so lange überlebt hat.“

Schon als 13-Jähriger kaufte er hier die ersten Teile zum Selbstbau von Lautsprechern. Später waren es Computer, zuletzt noch Kleinteile, Kabel und Batterien. „Aber das tut ja heute keiner mehr“, sagt Weilguni. Heute repariere ja auch niemand mehr: „Ist etwas kaputt, wird es neu gekauft.“ Und nennt zwei Jahre alte TV-Geräte, die auf dem Müll landen, weil keiner mehr defekte Widerstände oder Transistoren austauscht. Und kam doch mal jemand, der einen Widerstand für fünf Cent brauchte, habe er ihn verschenkt: „Da war der Quittungsdruck ja teurer als das Teil.“ Mit Reparaturen war kein Geschäft mehr zu machen. Selbst Kabel, Batterien, Adapter und Ähnliches, die früher von Betrieben, Botschaften und Stadt gekauft wurden und sicheren Umsatz garantierten, nahmen die Discounter und Supermärkte dem Fachhandel mit ihrer Billigware ab. Längst macht der Laden keinen Gewinn mehr. Selbst die Löhne mussten gekürzt werden.

Vier Mitarbeiter hatte P+M in guten Jahren. Nur Ernst Lorenz ist Weilguni bis zum Ausverkauf treu geblieben. „Ein hochintelligenter und liebenswürdiger Mann. Ein guter Berater und kompetent in allen Fragen“, sagt der Geschäftsführer über seinen Freund und Mitarbeiter und fügt schmunzelnd hinzu: „aber ein schlechter Verkäufer.“ Lorenz ist als studierter Historiker und Kunde vor 16 Jahren bei P+M „hängengeblieben“. Nun ist auch er 65 Jahre alt und geht wie sein Chef in Rente.

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