Auerberger fühlen sich vernachlässigt Ortsausschuss fürchtet sozialen Brennpunkt

AUERBERG · Was brennt den Auerbergern am meisten unter den Nägeln? Ortsausschussvorsitzender Norbert Neu muss da nicht lange nachdenken. "Man muss Angst um den Ort haben, weil die Sozialstruktur immer schwieriger wird." Der Ort sei auf dem besten Weg, ein sozialer Brennpunkt zu werden und eine Entwicklung wie Tannenbusch mitzumachen.

 An der Auerberger Mitte drehen sich die Kräne, der Komplex an der Pariser Straße wächst.

An der Auerberger Mitte drehen sich die Kräne, der Komplex an der Pariser Straße wächst.

Foto: Barbara Frommann

Schon 2005 sei das ein Thema gewesen. Mittlerweile liegt Auerberg mit einem Zuwandereranteil von 42,5 Prozent stadtweit auf Rang drei hinter Tannenbusch und Medinghoven, so die städtische Statistik. Bei den Arbeitslosen, Wohngeldempfängern und den Menschen, die von Sozialgeld leben, liegt man auf Rang vier.

Bei solchen Zahlen findet Neu gute Argumente für den Erhalt der Stadtteilbibliothek Graurheindorf, die eigentlich in die derzeit wachsende Neue Mitte an der Pariser Straße einziehen soll. Allerdings steht die Bücherei seit den Sparvorschlägen der Stadt, wie berichtet, auf der Kippe. Aber: "Sie ist nicht als Kultur-, sondern Sozialeinrichtung zu sehen", sagt der Vorsitzende. "Deshalb stehen alle geschlossen hinter ihrem Erhalt, gerade auch vor dem Hintergrund der Integration."

Der Ortsausschuss fühlte sich schon häufig von Politik und Gesellschaft angefeindet, man rede den Stadtteil schlecht, hieß es. "Es geht aber darum, die Probleme zu sehen und sie zu lösen." Es fehle allerdings das geeignete Rüstzeug, mit den Problemen umgehen zu können. Auch wenn sich etwa Caritas und Diakonie sehr engagierten. "Wir fühlen uns vernachlässigt. Wir haben kein Bürgerzentrum und einen Jugendtreff an der Stockholmer Straße, der seinen Namen nicht verdient", sagt Neu. An den Leuten, die sich dort bestens engagieren, liege es nicht. Aber "man kann den Anforderungen in drei Containern nicht gerecht werden".

Auch bei den Kindergartenplätzen gebe es derzeit eine Unterversorgung. Außerdem müssten sowohl Bernhard- als auch Jahnschule aus Kapazitätsgründen etliche Kinder ablehnen, "was für die betroffenen Familien beziehungsweise Eltern eine wohnortnahe Versorgung unmöglich macht", kritisiert der Ortsausschuss.

Wie in einigen anderen Ortsteilen auch, haben es die Traditionen und das Brauchtum nicht mehr so leicht. Laut Neu habe durch die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur das Auerberger Lebens-, beziehungsweise Heimatgefühl gelitten. Bei Schützen und Männerreih seien viele Mitglieder älter geworden, so fehlen für große Feste die Helfer. So gab es schon in diesem Jahr keine Kirmes mehr, und es wird sie laut Ortsausschuss auch nicht mehr geben. Doch man will die Hände nicht in den Schoß legen und plant ein "Stattteilfest" - so der Arbeitstitel. Jeder ist dabei willkommen. Andere Traditionen wie das Maiansingen haben aber noch ihren festen Platz im Kalender. In diesem Jahr waren dort 1500 Besucher.

Das Verhältnis zu den Graurheindorfern könnte besser nicht sein, sagt Neu. Obwohl das nicht immer so gewesen sei. Die Verantwortlichen beider Orte hoffen, dass der Rheindorfer Bach irgendwann einmal bis zur Mondorfer Fähre verlegt werden kann und nicht schon beim Wassersportverein Blau-Weiß Bonn in den Rhein fließt. Das wäre dann hinter Graurheindorf ein wunderschönes Naherholungsgebiet, so Neu.

Ansonsten lobt er die gute Infrastruktur im Ort. Mit dem dritten Bauabschnitt der Auerberger Mitte schließe sich nun der Kreis. Wenn dort der Marktplatz entsteht, habe sie ihren Namen auch verdient. Die Kräne drehen sich mächtig, der Neubau wächst stetig. Neu ist froh, dass dort gehobeneres Wohnen angeboten werden soll. "Weiteren sozialen Wohnungsbau verkraften wir nicht."

Der Auerberger Ortsausschuss

Norbert Neu zog 1966 als damals Sechsjähriger mit seiner Familie in den Ort. Seine Frau stammt aus Auerberg. Neus bürgerliches Engagement begann, weil er Ende der 1980er Jahre einen Kindergartenplatz suchte. So ist am Ende dann auch der Kindergarten Auerberg an der Pariser Straße entstanden.

Der Vater von einer Tochter und zwei Söhnen kam im Jahr 2000 in den Ortsausschuss (OA). Seit fünf Jahren ist er nun Vorsitzender. Dabei ist ihm der Blick über den Tellerrand wichtig: "Wir sind mit den anderen Ortsausschüssen gut vernetzt", sagt Neu. Der OA hat 19 Mitglieder, gut die Hälfte sind Vertreter der Ortsvereine wie Männerreih, Schützen, Auerberger Sterne sowie der Kirchengemeinde. Der Rest besteht aus Auerbergern, die sich engagieren wollen.

Kontakt zum Ortsausschuss Auerberg: Tel. 0228/675010.

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