Landgericht Bonn Niklas' Begleiterin in der Todesnacht weint im Zeugenstand

Bonn · Im Prozess um den gewaltsamen Tod des 17-Jährigen Niklas Pöhler greift die Verteidigung das Erinnerungsvermögen der Belastungszeugen an.

Im Prozess um den gewaltsamen Tod des 17-jährigen Niklas Pöhler am 7. Mai in Bad Godesberg kommt es vor allem auf das Erinnerungsvermögen der Zeugen der Tat an. Drei haben den Hauptangeklagten Walid S. und den Mitangeklagten Roman W. vor Gericht als Täter jener Nacht wiedererkannt: Walid S. als denjenigen, der Niklas gegen den Kopf schlug und trat, Roman S. als denjenigen, der Niklas' bestem Freund und einer der beiden Freundinnen gegen den Kopf schlug. Außerdem soll Roman W. auch noch auf den schon bewusstlos am Boden liegenden Niklas losgegangen, davon jedoch von den beiden Mädchen abgehalten worden sein.

Drei Tatzeugen also, die die beiden Angeklagten zunächst auf Fotos und nun vor Gericht identifizierten. Doch was wie ein klarer Fall aussieht, ist für die Verteidigung keineswegs eindeutig. Denn die Anwälte bezweifeln, dass die Zeugen, die in der Tatnacht miterleben mussten, wie ihr Freund Niklas bewusstlos zusammenbrach und einen Hirntod erlitt, ihrer Sache sicher sein können. Der Grund: Nach der Tat kursierten in dem Freundeskreis und der von ihnen gegründeten Whatsapp-Gruppe zahlreiche Fotos von möglichen Verdächtigen, die man sich gegenseitig auf die Handys schickte. Deshalb ist es nach Auffassung der Verteidigung auch denkbar, dass die Zeugen die Angeklagten nicht als die tatsächlichen Täter wiedererkannten, sondern vielmehr als Personen, die sie schon mehrfach auf den ihnen zugeschickten Fotos gesehen hatten.

Tatsächlich hatte Niklas bester Freund bei Vorlage zahlreicher Bilder bei der Polizei mal den einen, mal den anderen als möglichen Schläger jener Nacht identifiziert, bevor es schließlich bei dem ihm von Niklas' Schwester zugesandten Foto von Walid S. „Klick“ machte, wie er als Zeuge vor Gericht erklärte. Dabei sei Walid S., so die Verteidigung, auch schon vorher auf Fotos zu sehen gewesen.

Um festzustellen, ob Walid S. und Roman W. auch auf Fotos in der Whatsapp-Gruppe kursierten, beantragt die Verteidigung, das Handy von Niklas bestem Freund sicherzustellen und auszuwerten. Das Gericht kommt dem Antrag nach und beauftragt die Polizei mit der Sicherung des Handys.

Auch die Zeugin, die am Freitag gehört wird, muss ihr Handy für diesen Zweck zur Verfügung stellen. Die 19-Jährige, die in der Tatnacht auch mit Niklas unterwegs war und den in Weiß gekleideten und von ihren Freunden als Roman W. identifizierten Täter fragte, was seine Mutter davon halte, wenn er Mädchen schlage, bricht vor Gericht immer wieder in Tränen aus. Sie erkennt niemanden und sagt weinend: „Meine Erinnerung ist sehr verschwunden.“

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