Medienprojekt Migrantinnen wehren sich gegen Vorurteile

Bonn · Der interkulturelle Mädchentreff Azade feierte den Abschluss des dreijährigen Projektes „Meinung. Macht. Medien.“ Die Schülerinnen machten sich Gedanken über Stereotype und die Darstellung von Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien.

 Drei Jahre lang haben die Mädchen des Treffs Azade beim Projekt „Meinung. Macht. Medien“ mitgemacht.

Drei Jahre lang haben die Mädchen des Treffs Azade beim Projekt „Meinung. Macht. Medien“ mitgemacht.

Foto: Stefan Knopp

Kaum hatte man den interkulturellen Mädchentreff betreten, stand man auch schon einem Terroristen gegenüber. Auf dem Sofa saß eine Schläferin, außerdem liefen Intensivtäter, Drogendealer, Opfer, „Nafris“ und Erdogans Tochter herum, alle als solche erkennbar durch die Namensschildchen, die am Eingang verteilt wurden. Für die Zeit des Aufenthaltes war man dann eben zum Beispiel Herr Döner-Mord. Ein Spiel mit Vorurteilen, wie sie die Teilnehmerinnen des Projektes „Meinung. Macht. Medien.“ immer wieder erleben.

Dieses ging am Mittwoch nach drei Jahren zu Ende, was mit einer Party, einer Foto-Ausstellung, Videos und einem Rap gefeiert wurde. Die jungen Frauen resümierten die Erlebnisse und äußerten in einem Videofilm Wünsche für die Zukunft: Am besten vermeide man falsche Darstellung in den Medien, indem auch Menschen mit Migrationshintergrund über bestimmte Themen berichteten, hieß es da. Denn oftmals werde einseitig berichtet, wenn es etwa um Menschen aus islamischen Staaten gehe. In den Redaktionen von Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern müssten auch Migranten sitzen, so eine Forderung. Eine weitere: Bei Berichten über Straftaten solle die Nationalität der Täter nicht genannt werden, damit man sie nicht gleich in Schubladen stecken könne.

Sie habe durch das Projekt gelernt, selbstbewusster mit Vorurteilen umzugehen, sagte Youmna (15). Sie trägt Kopftuch. „Da wurde ich schon mal gefragt: Kämmst du überhaupt deine Haare? Duschst du mit Kopftuch?“ Eine ältere Frau habe sie und ihre Schwester, als sie mal im Partnerlook mit schwarzen Tüchern durch die Straßen gegangen seien, gefragt, ob sie Nonnen seien. Inzwischen kann sie darauf eingehen und den Leuten auch Dinge erklären. „Ich habe gelernt, nicht mehr so schüchtern zu sein.“ Dabei hätten auch die Interviews geholfen, die sie für das Projekt am Tag nach den Anschlägen in Paris auf der Straße geführt hätten.

Wie gelingt Integration?

Youmnas Mutter ist Marokkanerin, sie selbst wurde in Deutschland geboren, anders als Toba (17). Sie flüchtete vor zwei Jahren mit ihren Eltern aus Afghanistan. „Weil wir nicht so gut Deutsch sprechen, haben wir ganz viele Probleme“, sagte sie. Dabei sind ihre Deutschkenntnisse schon erstaunlich gut. Sie ist ehrgeizig, hat große Pläne. „Ich will gerne Ärztin werden.“ Bei den Mädchen im Treff Azade ist Integration natürlich auch ein Thema. Wie kann die gelingen? „Sprache ist am wichtigsten“, findet Toba. Und, ergänzte Youmna, man müsse die Kultur des Landes verstehen und akzeptieren, in dem man lebe, „man darf aber die eigene nicht vergessen“. Respekt vor anderen Meinungen sei ebenfalls wichtig.

Youmna trug an dem Abend zusammen mit Asli auch einen Rap zum Thema Helden vor. „Helden sind die, die für andere ihr Leben riskieren“, hieß es darin. „Gibt es so etwas noch auf dieser Welt?“ Weiterhin sah man eine Videoaufnahme zu einem Poetry-Slam, den einige Projektteilnehmer auf der Straße präsentiert hatten.

Außerdem gehörten zu dem Projekt eine Schreibwerkstatt, Flashmobs, die intensive Auseinandersetzung mit sozialen Medien und Besuche in Medienhäusern zum Beispiel in Hamburg und Berlin. „Meinung. Macht. Medien.“ wurde durch das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Bonn und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, außerdem unterstützt von der EU-Initiative Klicksafe. Es ging darum, die Menschen zu Wort kommen zu lassen, über die sonst nur von anderen berichtet wird.

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