Bonner berichtet über Hausarrest Mehmet Y. hat weiter Angst vor Auslieferung an die Türkei

Bonn · Auch wenn der türkischstämmige Bonner Mehmet Y. seit Mittwochabend wieder aus dem Gefängnis und bei seiner Frau im Hotel im bulgarischen Badeort Warna ist: Sicher fühlt sich der 44-Jährige nicht.

„Ich habe ständig Angst, dass die Polizei in unser Zimmer kommt und mich wieder abführt. Ich schlafe deshalb kaum“, sagt er dem GA am Freitag in einem Telefongespräch. Dabei versagt ihm immer wieder die Stimme. Dem Mann, der in Bonn in einer Caritas-Einrichtung unbegleitete Flüchtlingskinder betreut, droht die Auslieferung an die Türkei.

Mehmet Y. war am Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt worden, der seine Entlassung unter Auflagen verfügte. So darf er die nächsten 40 Tage das Hotel, das er mit seiner Frau für den Urlaub gebucht hatte, nicht verlassen. Während des Hausarrests hat das Gericht weitere Ermittlungen angekündigt. „Mehrmals am Tag kommt die Polizei vorbei und überprüft meine Anwesenheit“, berichtet der Bonner am Telefon. Um so wenig wie möglich Aufmerksamkeit bei den anderen Urlaubern zu erregen, verbringt er die Zeit ausschließlich im Zimmer. Lediglich zu den Mahlzeiten gehen er und seine Frau in den Speisesaal. Neben vielen Deutschen sind auch einige Türken in dem Hotel, berichtet seine Frau am Telefon. „Mein Mann hat Angst vor Anfeindungen, ihm ist mulmig, wenn er türkischen Gästen auf dem Flur begegnet.“

Mehmet Y. und seine Frau Gülsen waren vorigen Sonntag nach Warna gereist, um Urlaub am Schwarzen Meer zu machen. Der Mann wurde unmittelbar nach der Ankunft am Flughafen von der Polizei abgeführt und in ein Gefängnis gesteckt. Wie berichtet, liegt gegen ihn eine so genannte Red Notice von Interpol vor. Dabei handelt es sich um das Ersuchen eines Landes, den Aufenthaltsort einer bestimmten Person zu ermitteln und diese vorläufig festzunehmen. Die türkische Justiz wirft Mehmet Y. vor, er habe eine terroristische Organisation, die verbotene Kurdenpartei PKK unterstützt. Er war deswegen 1999 in seiner Abwesenheit zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.

Seit 2009 deutscher Staatsbürger

Der damals 24-jährige BWL-Student konnte nach Deutschland fliehen, wo er als Flüchtling anerkannt und 2009 deutscher Staatsbürger wurde. „Ich möchte nach Hause, ich möchte mein altes Leben weiterführen“, sagte Mehmet Y. und weint. Deutschland sei für ihn Heimat: „Ich bin in Bonn gut integriert. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen“, sagt er. Den türkischen Pass wollte Mehmet Y. nach seiner Einbürgerung zurückgeben, das habe der türkische Staat nicht zugelassen, sagt er.

Neben der Angst vor der Polizei bereitet dem Ehepaar Sorgen, ob Mehmet Y. nach Ende des gebuchten Urlaubs im Hotel am 11. September bleiben kann. „Laut dem Urteil muss ich bis zum Ende der Ermittlungen hier wohnen. Eine andere Adresse akzeptiert das Gericht nicht. “ Doch das Haus sei ausgebucht. Das Paar verhandelt derzeit mit dem Hotelmanagement. „Man hat uns alle Unterstützung zugesagt“, sagt der Bonner.

Sollte er bleiben können, habe er ab dem 17. Oktober ein neues Problem: Dann endet die Saison und das Hotel schließt. „Ich hoffe, dass ich vorher nach Deutschland ausreisen kann“, sagt er. Doch zunächst steht ihm ein schwerer Abschied bevor: Gülsen Y. fliegt am Dienstag wie geplant zurück, um zu Hause wichtige Dinge zu regeln. „Mir graut vor dem Alleinsein hier. “ Trost findet Mehmet in den vielen Telefongesprächen, die er zurzeit mit seinen Bonner Freunden führt. Sie hätten ihm Unterstützung zugesagt. „Schreiben Sie bitte, dass ich allen sehr dankbar bin.“

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