Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" Max Walbroel: Seit über 50 Jahren Obst und Gemüse

BONN · Bei Max Walbroel in Endenich ist immer Sommer. Egal, ob der Schnee zentimeterdick auf dem Gehweg liegt und das Quecksilber sich weigert, die Null-Grad-Marke am Thermometer zu übersteigen.

Der 70-Jährige tanzt trotzdem Salsa auf den braunen Fliesen in seinem Laden. Aus den geöffneten Türen dringen zu den Öffnungszeiten immer karibische Rhythmen auf die Frongasse. Aber das Geschäft von Walbroel ist kein Tanzlokal, sondern ein Gemüse- und Obstladen.

Den Eingang zieren Blumen der unterschiedlichsten Arten. Seine liebste Blume heißt Esperanza. "Das heißt Hoffnung", erklärt er gerne und oft seinen Kunden. Hoffnung ist auch etwas, das Walbroel nach Havanna bringt. Seit fünf Jahren reist er regelmäßig in die kubanische Stadt. "Die Menschen dort sind einfach total lebensfroh. Obwohl sie nichts haben", schwärmt er. "Die sind bettelarm und freuen sich über jede Kleinigkeit."

Um die Menschen in Kuba zu unterstützen, sammelt der Ur-Bonner in seinem Laden Geld. Der Foto-Künstler Massimo Habana stellt für das Spenden-Projekt "Mein Havanna" Abzüge seiner Aufnahmen zur Verfügung. Ein kleines Bild ist schon für einen Euro zu haben. Darauf sind typische Szenen aus dem Straßenleben von Havanna zu sehen: Menschen, die frisches Obst verkaufen, und Leute, die am Straßenrand sitzen. Auf die Frage, wer denn dieser Massimo sei, grinst Walbroel. Seine Augen beginnen regelrecht zu blitzen. "Das bin ich!" Massimo hätten ihn befreundete Italiener immer genannt. Seine erste Frau war Neapolitanerin. Und Habana heißt übersetzt eben Havanna.

Pro Monat kommen durch die Aufnahmen etwa 50 Euro zusammen. Den Erlös nehme er jedes Mal mit nach Havanna und verteile das Geld unter den Leuten, die es brauchten. Mittlerweile habe er dort viele Freunde, und die berichteten ihm immer, wo gerade eine Finanzspritze dringend benötigt werde. "So kommt das Geld auch wirklich direkt an." Zu den Spendern im Gemüseladen gehört auch Norbert Blüm, wie ein Foto beweist.

Aber warum gerade Havanna? "In Havanna ist die Zeit stehen geblieben", schwärmt Walbroel. Ein einzigartiger Charme mache die Straßen aus. Teilweise seien die Gebäude mehr als 100 Jahre alt. Auch die Karosserien der Autos würden von längst vergangenen Tagen erzählen.

Bevor Walbroel die kubanische Stadt am Meer entdeckte, war er oft für mehrere Wochen in die Dominikanische Republik gereist. Mit dabei war immer Schwiegervater Heinrich Konrad. Während die beiden Männer Urlaub machten, kümmerte sich Walbroels Frau Gunda ums Geschäft. Aber auch sonst hilft die 60-Jährige im Laden mit.

Trotz seines fortgeschrittenen Alters denkt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen noch lange nicht ans Aufhören. "Ich will noch mindestens 20 Jahre hier weiterarbeiten. Ich kann hier machen, was ich will", sagt er und fügt grinsend hinzu: "Die meisten meiner Kunden sind Frauen." Mit denen könne er besonders gut schwadronieren. Als Rheinländer könne er schließlich fast nichts anderes, als die ganze Zeit zu palavern.

Fast wäre Walbroel in der Immobilienbranche gelandet. Er hat an der Fachschule für Wohnungswirtschaft gelernt und war bei der heutigen Vebowag angestellt. 1965 übernahm Waldbroel das Geschäft von seinem Vater Max, der es aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Auf die Frage, ob es in seinem Leben Schicksalsschläge gegeben habe, hat Walbroel nicht wirklich eine Antwort.

"Vergangenes Jahr musste ich mich einer schweren Operation an den Augen unterziehen", erinnert er sich. Deswegen musste er auch mit dem Tischtennisspielen aufhören. Das sei als passionierter und erfolgreicher Spieler nicht so leicht gewesen. Aber die OP sei gut verlaufen, und er habe auch schon wieder gespielt. "Wissen Sie, wenn Sie die Menschen in Havanna kennen, dann fällt es Ihnen hier richtig schwer, sich zu beklagen", sagt Walbroel.

Max Walbroel über Bonn

  • Ich mag Bonn wegen der speziellen Mentalität hier und es ist meine Heimatstadt.
  • Mein Lieblingsplatz ist der Hofgarten und der Blick vom Kaiserplatz auf das Poppelsdorfer Schloss.
  • Typisch bönnsch sind für mich Römerbad und Altstadt.
  • Ich vermisse kleinere persönliche Geschäfte in der Innenstadt.

Die Serie

Eine Stadt ist so vielfältig wie die Gesichter der Menschen, die hier wohnen und arbeiten, lernen und kreativ sind. Es gibt Erfolgsgeschichten, Liebesgeschichten, Lebensgeschichten oder Alltagsgeschichten. In unserer Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" porträtieren wir jeweils einen Bonner Kopf.

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