Verkehrswende in Bonn Radfahrer und Fußgänger sollen mehr Platz bekommen

Bonn · Die Mehrheit im Bonner Stadtrat will, dass Fußgänger und Radler in der Verkehrsplanung Vorrang haben. CDU, Grüne und FDP haben ein Konvolut an Anträgen zusammengefasst. Wir geben einen Überblick.

Dauerstaus in und um Bonn herum, massive Ausfälle und Verspätungen bei Bussen und Bahnen, zahlreiche Unfälle mit Radfahrern und dazu der globale Klimawandel: Diesem Dilemma will die Jamaika-Koalition energischer denn je entgegentreten. Wie CDU, Grüne und FDP sich das vorstellen, haben sie in einem Konvolut an Anträgen zusammengefasst.

Auf dem Papier für den Planungsausschuss am 26. Juni stehen viele bekannte Vorschläge, etwa der Bau der Hardtbergbahn (oberirdisch), aber auch neue Ideen. So sollen etwa am Fahrbahnrand der Kaiserstraße sämtlicher Parkplätze wegfallen, um dort ausreichend breite Radwege anlegen zu können. Zusammengetragen hat die Ratskoalition ihre Vorschläge und Prüfaufträge bei einer gemeinsamen Klausurtagung Anfang Juni.

„Es ging uns um die Frage, wie künftig die Mobilität in Bonn, eine nachhaltige Stadtentwicklung und die solidarische Stadtgesellschaft aussehen können“, erklärte CDU-Fraktionschef Klaus-Peter Gilles. Als zeitliche Zielvorgabe hat sich die Koalition die nächsten Jahre bis 2030 gesetzt. Bis dahin soll erreicht werden, dass der Anteil des Umweltverbundes aus Fußgängern, Radfahrern und Bus- und Bahnnutzern auf 75 Prozent steigt. Der Autoverkehr soll von derzeit 41 auf 25 Prozent reduziert werden. Laut Gilles sei das durchaus „ambitioniert“. Zum Vergleich: Von 2008 bis 2017 konnte der Autoverkehrsanteil in Bonn einer Mobilitätsstudie zufolge lediglich um fünf Prozent reduziert werden.

Fußgänger

Das Fußwegehauptnetz in der City und den Stadtbezirken soll barrierefrei werden – etwa durch Austausch des Bodenbelags. Bordsteine sollen abgesenkt und längere Grünphasen für Fußgänger an Ampeln umgesetzt werden. Zudem sollen die Fußgängerbereiche stärker gegen widerrechtliche Nutzung durch Fahrzeuge überwacht werden. „Natürlich wollen wir auch das Thema Ausbau von öffentlichen Toiletten weiter vorantreiben“, sagte Brigitta Poppe (Grüne).

Fahrradverkehr

Forciert werden soll der Ausbau eines vom Autoverkehr unabhängigen Radwegehauptnetzes und – wo es möglich ist – die Einführung von Radstreifen, die durch bauliche Elemente von der Fahrbahn abgetrennt werden. Im Blick hat die Koalition unter anderem die Sandkaule zwischen Bertha-von-Suttner-Platz und Beethovenhalle. „Dort ließe sich ein solcher Radweg sofort umsetzen“, ist Hartwig Lohmeyer (Grüne) überzeugt. Auch die alte Forderung nach einer zweiten Unterführung der Bahngleise an der Poppelsdorfer Allee für Radfahrer greift Jamaika wieder auf.

ÖPNV

Im Öffentlichen Personennahverkehr fordert die Koalition eine Prioritätenliste für die im Verkehrsentwicklungsplan aufgeführten, aber bisher nicht umgesetzten Projekte. Vorrang sollen insbesondere die Fortführung der Planungen für eine oberirdische Hardtbergbahn haben sowie eine Verlängerung der Stadtbahnen oder Straßenbahnen in Richtung Norden. Sollte sich eine Seilbahn vom Venusberg über Dottendorf bis Ramersdorf als wirtschaftlich erweisen, wollen sich CDU, Grüne und FDP für eine Intensivierung der Planungen einsetzen.

Für die Umsetzung der Maßnahmen soll die Verwaltung ermitteln, welcher zusätzliche Personalbedarf nötig ist und welche Kosten entstehen. Gilles sprach von einem „Masterplan“ für eine Verkehrswende in Bonn. „Es muss allen klar sein, dass die Umsetzung dieser Ziele mit vielen Anstrengungen verbunden ist und man dafür viel Geld aufbringen muss.“ Klar sei auch, dass die Stadt Bonn diese Aufgabe nicht ohne Hilfe von Bund und Land erfüllen könne.

Eine erste Reaktion seitens der Opposition folgte prompt. „Wir lesen eine Zusammenfassung von unbestritten wichtigen Themen, die aufgrund ihrer Fülle gezielt wie eine Nebelbombe daherkommen“, sagte Gabi Mayer (SPD). Was die Stadt vielmehr brauche, seien konkrete Entscheidungen. „Aber nichts dergleichen passiert.“ Mayer ist überzeugt, dass sich „in dieser Ratsperiode in Sachen Verkehr nichts mehr tun wird“.

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